Wenige Tage nach der Niederlage der US-Demokraten bei den Zwischenwahlen für den Kongress hat Präsident Barack Obama Verantwortung übernommen. Seine Gegner aber sind längst bei einem anderen Thema: Die Abstimmung sei „eine Ablehnung Hillary Clintons“ gewesen, erklärte der republikanische Senator Rand Paul in einem Interview. Der konservative Gouverneur des Bundesstaates Wisconsin, Scott Walker, legte nach: „Sie war der große Verlierer.“ Wie Clinton gelten auch Walker und Paul als Kandidaten für die Präsidentschaftswahl 2016; nach Abschluss der Midterms ist der Kampf darum offen entbrannt.
Im Zentrum der Betrachtungen steht Hillary Clinton. Die 67-Jährige mit der eindrucksvollen Karriere als First Lady, Senatorin und US-Außenministerin will ihre Entscheidung zwar erst 2015 bekannt geben. Die politische Szene des Landes geht aber davon aus, dass sie antritt. Innerhalb der eigenen Partei ist sie so gut wie konkurrenzlos. Seit dieser Woche diskutieren Mitarbeiter offen darüber, wo sie das Wahlkampfbüro errichten wollen.
Die studierte Juristin hat sich nach der Phase als Präsidentengattin an der Seite ihres Mannes Bill ein Image als Brückenbauerin im Dienste des Landes erarbeitet, zunächst im Senat, dann, nach der harten Niederlage gegen Barack Obama im Wahlkampf 2008, als dessen Außenministerin. Der Rückzug nach einer Amtsperiode war wohlkalkuliert: 2016 muss Clinton darauf hoffen, nicht einfach als unmittelbare Fortsetzung von Obamas Präsidentschaft wahrgenommen zu werden. Auch seine gestaltungsärmere letzte Präsidentschaftsphase wird weniger auf sie abfärben. Hillary und Bill Clinton haben im jüngsten Wahlkampf mehr Auftritte absolviert als irgendein anderer demokratischer Politiker. Viele der Kandidaten, die sie unterstützt haben, sind gescheitert. Ein Aspekt, den die Republikaner versuchen, sich zunutze zu machen.
Keine interne Gefahr für Clinton
In der Öffentlichkeit dominiert aber das Bild zweier loyaler Streiter, die sich auch in schwierigen Zeiten für die gute Sache in die Schlacht werfen. Intern ist für Clinton bisher keine Gefahr zu erkennen. Elisabeth Warren, progressiver Parteiliebling im US-Senat, hat eine Kandidatur ausgeschlossen. Martin O’Malley, scheidender Gouverneur von Maryland, ist seit der überraschenden Niederlage seines designierten Nachfolgers schwer angeschlagen. Als politisches Schwergewicht bleibt derzeit einzig Joe Biden im Rennen, der 71-jährige Vizepräsident. Parteiintern liegen seine Zustimmungswerte aber weit hinter denjenigen Clintons zurück.
Bei den Republikanern bereiten sich sehr viel mehr Kandidaten vor. „50 zu 50“, hat der ehemalige Präsident George W. Bush die Chancen dafür eingeschätzt, dass sein jüngerer Bruder Jeb den Hut in den Ring wirft. Jebs Sohn George Prescott Bush, gerade in sein erstes eigenes politisches Amt gewählt, hält eine Kandidatur des Vaters für „mehr als wahrscheinlich“. Angesichts einer zunehmenden Ideologisierung der Partei setzen viele Republikaner Hoffnungen auf Jeb Bush, der mit einer Lateinamerikanerin verheiratet ist und sich wiederholt zu Reizthemen sehr moderat geäußert hat.
Nach einer triumphalen Wiederwahl als Gouverneur von New Jersey galt Chris Christie 2013 noch als aussichtsreichster Kandidat der Rechten. Christie hatte den Haushalt seines Bundesstaates ausgeglichen und Jobs geschaffen, obwohl er mit einem mehrheitlich demokratischen Parlament arbeiten musste. Dann kam „Bridgegate“: Obwohl die Nachweise ausblieben, haftet Christie bis heute der Vorwurf an, aus Rache für mangelnde Wahlkampfunterstützung eines Nachbarbürgermeisters die George-Washington-Brücke nach Manhattan zeitweise blockiert zu haben. Auch seine finanzielle Bilanz wird stellenweise in Zweifel gezogen. Dennoch ist der Vorsitzende des Verbandes republikanischer Gouverneure einer der wenigen prominenten Konservativen, die über Parteigrenzen hinweg Zustimmung finden.
Es mangelt nicht an Interessenten
Die Senatoren Rand Paul (Kentucky) und Ted Cruz (Texas) gelten als prominenteste Tea-Party-Vertreter. Rand Paul ist der Sohn des libertären Präsidentschaftskandidaten Ron Paul, der mit seinem unorthodoxen Verfassungsverständnis 2012 vor allem junge Menschen begeistert hatte. Anders als sein Vater hat Rand sich nicht nur um ein pragmatisches Politikverständnis bemüht, sondern auch um Koalitionen zur Verbreiterung seiner Basis. Im Senat erweist er sich als Teamplayer, das unterscheidet ihn von den meist kompromisslosen Vertretern der Erzkonservativen. Deren feuriger Vorkämpfer ist Cruz: Der unerschrockene Populist wurde bekannt, als er 2013 eine Staatspleite riskierte, um eine Rücknahme der Gesundheitsreform durchzusetzen. Paul und Cruz haben eine ergebene Basis, aber kaum Chancen in der politischen Mitte.
Marco Rubio gilt als das unverbrauchte Gesicht der Republikaner, obwohl der 43-Jährige aus Florida schon seit 2011 im Senat sitzt. Der Sohn zweier Exilkubaner hat sich offen für einen parteiübergreifenden Anlauf zur Reform des Einwanderungssystems engagiert, der aber scheiterte. Während der außenpolitischen Krisen des vergangenen Jahres hat Rubio sich für ein aggressiveres Auftreten seines Landes eingesetzt.
Es mangelt nicht an weiteren Interessenten. Scott Walker, der Gouverneur von Wisconsin, gilt als ebenso ambitioniert wie seine aktuellen und ehemaligen Kollegen aus Louisiana, Ohio, Indiana und Arkansas: Bobby Jindal, John Kasich, Mike Pence, und Mike Huckabee. Bei den Midterms haben mehrere von ihnen beachtliche Erfolge eingefahren. Und auch Ehemalige laufen sich warm: Der texanische Gouverneur Rick Perry und der ehemalige Senator Rick Santorum haben ihr Glück schon 2012 versucht. Beiden wird zugetraut, dass sie 2016 einen neuen Anlauf nehmen.
Weil es bei den Republikanern bislang keinen so exponierten Kandidaten gibt wie Hillary Clinton, wird immer wieder auch ein neuer Anlauf Mitt Romneys ins Gespräch gebracht. Barack Obamas Gegenkandidat von 2012 hat einen weiteren Versuch für sehr unwahrscheinlich erklärt, aber nicht ausgeschlossen.