Da hat man eine CD mit den Schweizer Kontodaten von fast 2000 reichen Griechen – und dann ist sie plötzlich weg. Peinlich. Aber der griechischen Steuerfahndung ist es passiert. Im Frühjahr 2010 bekam Konstantinos Bikas, damals Chef des griechischen Geheimdienstes EYP, von französischen Kollegen den Hinweis, man sei im Besitz von Kontodaten ausländischer Bankkunden in der Schweiz – darunter auch vieler Griechen. Das Material stammte offenbar von einem Genfer Mitarbeiter der Großbank HSBC.
Im Herbst 2010 kam dann endlich auch der griechische Finanzminister Giorgos Papakonstantinou in den Besitz der Daten – auf einer CD, die ihm seine französische Amtskollegin Christine Lagarde zukommen ließ. Er habe sich die Namen der 20 Kontoinhaber mit den höchsten Guthaben notiert, erklärt Papakonstantinou heute. Die Steuerfahndung habe die Daten geprüft und sei tatsächlich auf Ungereimtheiten in den Steuererklärungen der Betroffenen gestoßen. Im Juni 2011, kurz bevor Evangelos Venizelos neuer Finanzminister wurde, habe er dann die Daten-CD der Steuerfahndung übergeben, so Papakonstantinou.
Doch dort verliert sich die Spur. Er habe zwar von der Existenz der CD gehört, sagte der damalige Chef der Steuerfahndung. Von deren Verbleib habe er jedoch „keine Ahnung“. Ein anderer hoher Beamter erinnert sich, man habe die Daten an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Doch auch dort war die CD nicht auffindbar.
Viele Griechen fragen sich nun: Geht ein solcher Schatz zufällig verloren? War es Schlamperei? Oder wollte jemand die mutmaßlich brisanten Daten verschwinden lassen? Die betroffenen griechischen HSBC-Kunden jedenfalls dürften aufgeatmet haben.
Zu früh gefreut – jetzt zittern sie wieder. Denn Ex-Finanzminister Evangelos Venizelos hatte die Daten vorsichtshalber kopiert. Am Dienstagmorgen brachte ein Bote einen Umschlag zum Amtssitz des Ministerpräsidenten Antonis Samaras.
In dem Umschlag befand sich ein Memorystick mit detaillierten Angaben zu 1991 griechischen Kontoinhabern bei der Genfer HSBC-Niederlassung. Ihre Guthaben sollen sich auf rund 1,5 Milliarden Euro belaufen.