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BRÜSSEL
Rakete pro-russischer Rebellen zerstörte MH 17
Detlef Drewes
Detlef Drewes
 |  aktualisiert: 08.10.2016 03:45 Uhr

Es ist der Moment der Gewissheit. Nicht nur für Hendryk (48), der seit mehr als zweieinhalb Jahren auf die Antwort wartet, wer für den Tod seiner Frau Mareijke (45) verantwortlich ist. Sie war an Bord der Boeing 777-200 des Malaysia-Airlines-Fluges MH 17, der am 14. Juli 2014 um 12.30 Uhr von Amsterdam Richtung Kuala Lumpur startete – aber nie dort ankam.

Am Mittwoch steht Hendryk draußen vor der Tür der niederländischen Luftaufsichtsbehörde OVV in einem Vorort von Utrecht. „Ich will, dass die Täter zur Verantwortung gezogen werden“, sagt der Lehrer leise, als drinnen der entscheidende Satz der Staatsanwälte und Ermittler fällt: „Die Maschine wurde von einer russischen Luftabwehr-Rakete vom Typ BUK-M1 getroffen. Sie wurde von pro-russischen Rebellen aus dem Ort Snischne abgeschossen. Das können wir beweisen.“

Jahrelang haben sich die Staatsanwälte und Ermittler der Staaten, aus denen die 298 Fluggäste und Besatzungsmitglieder kamen, mit Trümmerteilen, Satellitenbildern und Geheimdienstinformationen beschäftigt. Schon vor einem Jahr zeigten die Experten des niederländischen Sicherheitsrates die zu einem Puzzle zusammengefügten Teile des Jets und stellten fest: „Flug MH 17 stürzte ab, weil auf der linken Cockpit-Seite ein Raketenkopf explodierte.“

Am Mittwoch sind es die Staatsanwälte, die den Bericht bestätigen und sogar noch präzisieren. Demnach wurde der malaysische Jet an diesem Schicksalstag von der internationalen Flugkontrolle auf die Lufttrasse L 980 geschickt – direkt über die umkämpfte Ostukraine. Gegen 15.20 Uhr explodierte „einen Meter neben dem Cockpit“ eine Rakete. Es handelte sich um ein BUK-M1-Geschoss, bestückt mit einem 9N314M-Kopf, einem sogenannten Fragmentiersprengsatz, der nach der Zündung zigtausende kleiner Splitter ausstreut und die Außenhaut des Jets regelrecht perforierte.

Bei der Rekonstruktion des Flugzeuges hatten die Techniker typische Einschussspuren und auch chemische Überreste einer solchen Rakete sowie des entsprechenden Sprengsatzes gefunden. „Ein unwiderlegbarer Beweis“, hieß es in Utrecht.

Die drei Piloten waren sofort tot, die Spitze der Boeing 777-200 brach in einer Flughöhe von elf Kilometern ab. Alle Insassen, die nicht durch die Detonation starben, verloren innerhalb weniger Sekunden das Bewusstsein. Kurz darauf zerriss eine Explosion den Rest der Maschine. Das belegen die Trümmerteile, die auf dem Boden in einem Radius von bis zu 40 Kilometern aufschlugen. Nach Angaben der Ermittler wurde die Rakete zuvor von Russland aus in die Ostukraine transportiert, die Abschussrampe habe man danach „eilig“ entfernt und wieder auf russisches Gebiet zurückgebracht. Auch das könne man „überzeugend beweisen“, betonen die fast 100 Ermittler aus Malaysia, der Ukraine, Belgien und den Niederlanden, die man zu einem Joint Investigation Team (JIT) unter dem Dach der niederländischen Luftaufsicht zusammengesetzt hatte.

Der Widerspruch aus Moskau lag schon vor, bevor der Bericht der Strafverfolgungsbehörden veröffentlicht worden war. Kremlsprecher Dmitri Peskow sprach von „unwiderlegbaren Beweisen“, dass das Flugzeug nicht von pro-russischen Rebellen abgeschossen worden sei. Dies dokumentierten Radardaten, die Moskau habe.

Doch die Glaubwürdigkeit der russischen Seite wird als nicht sehr hoch eingeschätzt. Schon unmittelbar nach dem Unglück hagelte es Theorien Moskaus, wer für die Tat verantwortlich sei.

Doch das Schicksal von MH 17 wirft vor allem eine weitere Frage auf, die der Chef des niederländischen Sicherheitsrates, Tjibbe Joustra, schon vor einiger Zeit offen ansprach: „Warum flog MH 17 über ein Gebiet, von dem bekannt war, dass dort ein militärischer Konflikt stattfand?“

In den Tagen vor dem Abschuss wurden dort nach Erkenntnissen der Niederländer mehrere Hubschrauber, Kampfjets und andere Flugzeuge in Höhen bis zu neun Kilometern getroffen. Trotzdem, so Joustra weiter, „schickten 61 Airlines aus 31 Ländern 160 Jets direkt über das Kriegsgebiet“.

Seine Forderung lautet: „Staaten und Fluggesellschaften müssen ihre Risiko-Analysen verbessern.“ Denn tatsächlich sind es die Fluggesellschaften selbst, die den Weg ihrer Maschinen vorgeben – zumindest so lange, wie ein Luftraum nicht geschlossen wurde. Auch das gilt als ein wunder Punkt: Die ukrainische Regierung hatte bis zum Abschuss keine Anstalten gemacht, das Gebiet über der Kampfzone zu sperren.

 
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