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KIEL/MADRID/BARCELONA
Puigdemont kam nur bis zur Raststätte
Carles Puigdemont       -  Carles Puigdemont, ehemaliger Präsident der spanischen Region Katalonien, ist nach der Einreise nach Deutschland am Sonntag verhaftet worden.
Foto: Salvatore Di Nolfi, dpa | Carles Puigdemont, ehemaliger Präsident der spanischen Region Katalonien, ist nach der Einreise nach Deutschland am Sonntag verhaftet worden.
lze
 |  aktualisiert: 11.12.2019 14:33 Uhr

Die am Wochenende eingeleitete europaweite Fahndung nach dem flüchtigen katalanischen Separatistenchef Carles Puigdemont hatte schnellen Erfolg: Am Sonntagvormittag stoppten deutsche Polizisten den 55-Jährigen kurz nach der Einreise per Pkw aus Dänemark. Die spanischen Behörden hatten am Freitagabend, als sich Puigdemont in Finnland befand, einen internationalen Haftbefehl ausgestellt. Daraufhin war Puigdemont überstürzt aus Finnland abreist.

Nach Angaben des Landespolizeiamtes Schleswig-Holstein in Kiel wurde Puigdemont „um 11.19 Uhr durch Einsatzkräfte der Autobahnpolizei in der Nähe der Bundesautobahn A7 festgenommen, da gegen ihn ein europäischer Haftbefehl vorliegt“. Spanische Medien berichteten, dass die Festnahme etwa 30 Kilometer südlich der dänischen Grenze zwischen den Orten Schuby und Jagel erfolgt sei.

Tipp kam offenbar von den spanischen Sicherheitsbehörden

Laut der spanischen Nachrichtenagentur Efe griffen die Polizisten an einer Raststätte zu. Puigdemont sei zusammen mit vier Personen in einer Großraumlimousine mit belgischem Kennzeichen gereist. Die Gruppe war auf der A7 Richtung Hamburg unterwegs und wollte dann weiter in die belgische Hauptstadt Brüssel fahren, die rund 700 Kilometer entfernt liegt. Offenbar hatte die deutsche Polizei von den spanischen Sicherheitsbehörden einen Tipp bekommen. Spaniens Geheimdienst habe Puigdemonts Bewegungen schon längere Zeit überwacht, meldete der spanische Sender TVE. Der Zugriff sei bewusst in Deutschland und nicht in Dänemark erfolgt, weil die Zusammenarbeit mit den deutschen Behörden üblicherweise sehr gut funktioniere. Deswegen werden auch bei der Auslieferung keine Schwierigkeiten erwartet.

Der stellvertretende Generalstaatsanwalt Schleswig-Holsteins, Ralph Döpper, sagte der Deutschen Presse-Agentur, dass nun das zuständige Amtsgericht entscheiden müsse, ob Puigdemont in Auslieferungshaft genommen werde. Es gilt als wahrscheinlich, dass Spanien beantragen wird, Puigdemont in Haft zu behalten, bis über das Auslieferungsgesuch entschieden ist. Am Sonntagnachmittag wurde der katalanische Separatistenchef zunächst in die Justizvollzugsanstalt Neumünster gebracht.

Spaniens Oberster Gerichtshof hatte am Freitag Anklage gegen Puigdemont erhoben und angekündigt, ihm wegen Rebellion den Prozess zu machen. Den Anführern einer Rebellion drohen 15 bis 25 Jahre Haft. Die spanische Justiz wirft dem früheren Ministerpräsidenten Kataloniens vor, mit gesetzeswidrigen Methoden die Abspaltung der Region von Spanien angestrebt und damit gegen die Verfassung verstoßen zu haben; die Verfassung sieht die Unabhängigkeit einer Region nicht vor. Am Freitagabend hatte der Gerichtshof in Madrid den internationalen Haftbefehl nach Finnland geschickt, wo sich Puigdemont in den letzten Tagen aufhielt. Doch das Haft- und Auslieferungsgesuch kam zu spät: Puigdemont gelang es, kurz zuvor das Land zu verlassen.

Einen für Samstagnachmittag gebuchten Flug ließ Puigdemont verfallen. Am Airport Helsinki hätte ihn auch die finnische Polizei erwartet, welche von Samstag an die Flughäfen überwachte. Es war deswegen bereits vermutet worden, dass sich der Gesuchte per Fähre und Pkw auf die Rückreise gemacht hatte. Der Separatistenchef hatte sich am Samstag von einem unbekannten Ort per Twitter mit einer Durchhalteparole gemeldet: „Wir werden bis zum Ende kämpfen.“

Mit dem internationalen Haftbefehl, mit dem Puigdemont europaweit zur Fahndung ausgeschrieben worden war, hatte Spaniens Gerichtshof einen neuen Anlauf unternommen, um den Separatistenführer festzusetzen. Bereits nach seiner Flucht aus Spanien im Herbst war ein Auslieferungsgesuch nach Belgien geschickt worden. Damals standen die Ermittlungen am Anfang. Angesichts der Sorge, dass die belgischen Behörden die Überstellung verweigern könnten, wurde das Gesuch später zurückgezogen. Inzwischen sind die Ermittlungen abgeschlossen, und es scheint weiteres Belastungsmaterial gegen Puigdemont vorzuliegen.

10 000 Menschen protestierten in Barcelona gegen Strafverfolgung

Insgesamt stellte das Gericht am Freitag sechs internationale Haftbefehle aus: gegen Puigdemont und gegen fünf seiner Mitstreiter, die sich derzeit in Belgien, der Schweiz oder Schottland aufhalten. Zu den europaweit Gesuchten gehören vier Minister der im Herbst abgesetzten katalanischen Regierung und zudem die in die Schweiz geflohene Vize-Chefin der Separatistenpartei Esquerra, Marta Rovira. Gegen die ebenfalls in der Schweiz aufgetauchte Separatistin Anna Gabriel wurde derweil kein internationaler Haftbefehl erlassen.

Aus Protest gegen die Festnahme Puigdemonts in Deutschland sind am Sonntagabend Tausende Demonstranten in Barcelona auf die Straße gegangen. Bereits am Freitagabend war es in Barcelona zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Unabhängigkeitsbefürwortern und der katalanischen Polizei gekommen. Dabei waren 35 Menschen verletzt worden.

 
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