Nur vier Monate nach dem Absturz des Germanwings-Fluges 4U9525 in den französischen Alpen hat die Brüsseler EU-Kommission strikte Konsequenzen angekündigt. So sollen künftig alle Berufspiloten vor der Aufnahme des Dienstes bei einer Airline einer psychologischen Beurteilung unterzogen werden.
Diese Forderung haben zwölf hochrangige Vertreter von Fluggesellschaften, Piloten-Vertretungen und Aufsichtsbehörden in einem Bericht für die EU-Kommission erhoben. „Derzeit gibt es Berufspiloten, die für ihre Ausbildung niemals eine psychologische Bewertung absolvieren“, heißt es in dem Papier, das nun den Airlines zugeleitet wird. EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc will sich ausdrücklich weitergehende Konsequenzen wie eine gesetzliche Regelung vorbehalten: „Wenn Verbesserungen an den europäischen Vorschriften für Sicherheit und Gefahrenabwehr oder bei ihrer Durchführung vorgenommen werden müssen, werden wir auf EU-Ebene die erforderlichen Maßnahmen ergreifen“, sagte sie.
Drogen und Alkoholtests
Nur wenige Wochen nach dem Absturz des mit 150 Passagieren und Mannschaftsmitgliedern besetzten Jets, der vom Co-Piloten offenbar bewusst herbeigeführt worden war, hatte die Kommission die Expertenrunde eingesetzt, um mögliche Konsequenzen zu beraten. Nun liegen erste Erkenntnisse vor: Kritik an dem Verschlussmechanismus der Cockpit-Türen, die von innen versperrt und von außen praktisch nicht geöffnet werden können, gab es nicht.
Seit der Einführung der Verriegelung nach den Anschlägen in New York und Washington seien nur bei einem von 250 000 Flügen Schwierigkeiten gemeldet worden, heißt es in dem Bericht. Allerdings fordern die Fachleute, bei dem Prinzip „jederzeit zwei Personen im Cockpit“ zu bleiben. Dies hatten die meisten europäischen Fluggesellschaften unmittelbar nach der Germanwings-Katastrophe eingeführt.
Neben verpflichtenden psychologischen Gutachten im Rahmen der Ausbildung sprachen sich die Experten für stichprobenartige Drogen- und Alkoholtests aus. Außerdem sollten die Flugmediziner umfassender ausgebildet werden und selbst einer strikteren Aufsicht unterstellt werden. Die Airlines werden aufgefordert, „Unterstützungsmaßnahmen“ für Piloten einzuführen, um eventuelle psychische Be- oder Überlastungen schon im Vorfeld zu erkennen. Darüber hinaus erwägt die EU, bei der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA) ein zentrales Archiv für flugmedizinische Daten einzurichten. „Eine bessere medizinische Überwachung der Besatzungsmitglieder kann die Sicherheit im Luftverkehr wesentlich verbessern“, heißt es in dem Bericht weiter.
Leitlinien ausarbeiten
Doch das Dokument stellt bisher nicht mehr als eine Ideen-Sammlung da. Auch die EASA selbst hat keine Instrumente, um die Airlines mit Gesetzeskraft zu weitergehenden Präventionsmaßnahmen zu zwingen. Leitlinien könne man ausarbeiten, betonten die Fachleute in Brüssel. Außerdem sei es nötig, nicht nur für europäische Gesellschaften Nachbesserungen zu erreichen, sondern weltweit die Standards anzupassen.
Dazu wäre eine Initiative der Internationalen Luftverkehrs-Vereinigung IATA nötig, mit der Gespräche angekündigt wurden.