Ein Mann hat sich mitten in der Nacht in Stuttgart einen Schusswechsel mit der Polizei geliefert. Dabei wurde der 34-Jährige am Bahnhof im Stadtteil Untertürkheim angeschossen und schwer am Bauch verletzt. Nach ersten Ermittlungen sieht es so aus, als wollte der Mann sich töten lassen. Er sei notoperiert worden und nicht in Lebensgefahr, sagte der Sprecher der Stuttgarter Polizei, Stefan Keilbach. Der polizeibekannte Mann hatte um 3.17 Uhr selbst bei der Polizei angerufen und gedroht, um sich zu schießen. „Der Nächste, der kommt, den bringe ich um.“
Beim Eintreffen mehrerer Streifenwagen am Tatort soll er sofort weiter gedroht und das Feuer eröffnet haben. „Er ließ sich nicht stoppen“, sagte Keilbach. Deswegen haben zwei Beamte in Richtung des Mannes geschossen. Am Tatort lagen einige Patronenhülsen der Polizei und Projektile aus der Waffe des 34-Jährigen. Dabei habe es sich um eine Softairwaffe gehandelt, einer täuschend echten Imitation einer Pistole.
„Er hat noch im Rettungswagen sprechen können. Seine Worte lassen darauf schließen, dass er sterben und sich erschießen lassen wollte“, erklärte Keilbach.
„In Fachkreisen spricht man hierbei von 'Suicide by Cop', erklärte der Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolg), Joachim Lautensack. „Dies kommt einer 'fremden Selbsttötung' gleich.“ Provozierter Selbstmord – ein gefährlicher Trend, der in den USA schon länger bekannt ist. Lokale Studien aus den Vereinigten Staaten zeigen, dass die Täter meist mit echten Waffen hantieren.
Nicht der erste Fall
Die Dienstvorschriften erlauben es der Polizei, in bedrohlichen Situationen zu schießen. Gründe sind meist Notwehr oder der Schutz eines Bedrohten. Der Gebrauch einer Waffe muss vorher angekündigt werden, mindestens dreimal, erklärte der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Rüdiger Seidenspinner. Zu einem „finalen Rettungsschuss“ ist die Polizei nur berechtigt, wenn sie damit das Leben Dritter schützen muss, wie etwa bei Geiselnahmen.
Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hatte im Januar ein Ermittlungsverfahren gegen einen Polizisten eingestellt, der im November 2013 einen Mann erschossen hatte. Der 36-Jährige hatte damals bei der Polizei angerufen und gesagt, er werde in Kürze bewaffnet auf die Straße gehen. Die Beamten konnten den Mann, der mit einer Schreckschusswaffe in die Luft schoss, erst mit dem tödlichen Schuss stoppen.
Die Ermittlungen gegen den 49 Jahre alten Dienstgruppenführer wegen fahrlässiger Tötung im Amt ergaben laut Staatsanwaltschaft, dass der Beamte keine Fehler machte. Aus einem Abschiedsbrief geht hervor, dass der Mann sich erschießen lassen wollte. Laut Staatsanwaltschaft hatte der 36-Jährige massive persönliche Probleme.