Der 95-jährige Prinz Philip wird sich künftig aus der Öffentlichkeit zurückziehen und ab Herbst keine offiziellen Termine mehr wahrnehmen. Royale Insider hatten angesichts seines hohen Alters bereits mit solch einem Schritt gerechnet – und doch ist es eine Überraschung. Den ganzen Donnerstagvormittag haben Medien wild über den Grund für das kurzfristig anberaumte Mitarbeitertreffen spekuliert.
Nachdem in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag die Nachricht die Runde machte, dass der Buckingham Palast alle Mitarbeiter, verstreut in den Schlössern und Anwesen im ganzen Land, zu einem dringenden Treffen zusammengerufen hatte, explodierte in den sozialen Netzwerken die Spekulationsblase. Ist einer der beiden verstorben? Übergibt Königin Elizabeth II. das Zepter an Thronfolger Prinz Charles? Überhaupt: Wie steht es um die Gesundheit des 91-jährigen Staatsoberhaupts? Kamerateams aus Australien und Italien, aus Deutschland und Indien, aus Japan und den USA versammelten sich vor den Toren des Palasts in London und die Reporter suchten etwas hilflos und nervös nach Erklärungen. Das Boulevardblatt „The Sun“ erklärte auf seiner Homepage den Herzog von Edinburgh kurzzeitig und versehentlich gar für tot und fragte: „Wer war Prinz Philip?“
Um 11 Uhr gab es dann die Entwarnung der Royals: Der 95-jährige Ehemann der Königin geht in Rente. Ab Herbst wird er keine offiziellen Verpflichtungen mehr wahrnehmen und habe dafür die volle Unterstützung der Queen, hieß es in dem Statement. Die Entscheidung traf er offenbar ganz persönlich, nachdem er schon vor sechs Jahren angekündigt hatte, kürzertreten zu wollen, diesen Wunsch aber kaum umsetzte. Trotz Ruhestands bleibe er Patron und Mitglied von mehr als 780 Organisationen, werde jedoch künftig keine aktive Rolle einnehmen.
Was auf der Insel auf die erlösende Nachricht folgte, war ein fast spürbares Aufatmen bei den Anhängern der Royals und Journalisten, bevor die Lobeshymnen einsetzten. Philip sei ein „Charakterkopf“ und eine „Inspiration“, der ein „bemerkenswertes Leben“ geführt habe, huldigten Weggefährten und Politiker die vergangenen Jahrzehnte, priesen sein Pflichtbewusstsein, seine Aufopferung für die Öffentlichkeit und seinen „einzigartigen Stil“ im Umgang mit den königlichen Aufgaben. „Es ist sehr traurig, aber wir können ihm alle dankbar sein“, fasste ein Brite die Stimmung vieler Landsleute zusammen.
Der Prinzgemahl, der mit der Krönung seiner Frau seine aktive Karriere bei der Marine aufgab, füllte nicht nur fast sieben Jahrzehnte die Begleiterrolle aus, stets einen Schritt hinter und im Schatten von Elizabeth II. Er sorgte auch mit seinem trockenen englischen Humor – nicht wenige würden ihn als rabenschwarz bezeichnen – regelmäßig für Lacher, manchmal für Aufreger, mitunter gar für mittelschwere Skandale.
Um politische Korrektheit scherte er sich selten und löste so manche Kontroverse aus. Er sei missverstanden worden, entschuldigte sich der kauzige Herzog dann gerne. Tatsächlich wurde er oft „missverstanden“. Während der Rezession 1981 etwa empörte er die Nation, als er sagte: „Alle haben gesagt, wir sollten mehr Freizeit haben. Jetzt beschweren sie sich, dass sie arbeitslos sind.“ Schlussendlich verziehen ihm die Briten jedoch immer und die Queen nannte ihn einmal liebevoll ihren „Halt in all den Jahren“.
Erst am Mittwochnachmittag eröffnete er eine Tribüne in einem Cricketklub und kündigte sich selbst mit seiner Lieblingsbezeichnung an: „Sie sehen jetzt den erfahrensten Gedenktafel-Enthüller der Welt“, scherzte er, bevor er routiniert an der Kordel des Vorhangs zog und so die Schriftplakette zum Vorschein brachte – wie unzählige Male zuvor.
Insgesamt mehr als 22 000 Solo-Termine und 637 Auslandsreisen absolvierte er und hielt fast 5000 Reden. Es handele sich um „das Ende einer Ära“, meinte die Presse in Übereinstimmung. Das wiederum klang wie ein emotionaler Abschied.
Doch Insider erwarten, dass Philip keineswegs komplett von der königlichen Bühne verschwinden, sondern bei ausgewählten Ereignissen weiterhin in Erscheinung treten wird. Königin Elizabeth II. dürfte derweil künftig bei Auslandsreisen und offiziellen Terminen von ihrem 68-jährigen Sohn und Thronfolger Prinz Charles begleitet werden. Denn Ihre Majestät, so heißt es in der offiziellen Mitteilung, werde weitermachen wie bisher – stets in farbenfrohen Kostümen, mit Hut und Handtasche im Dienste der Krone.
Warum eigentlich war die Aufregung darüber, dass Philip sich aus der Öffentlichkeit zurückzieht, so groß? Der Ehemann der Queen feiert im Juni seinen 96. Geburtstag. Ein Beobachter meinte, es wäre eine überraschendere Nachricht, wenn er in diesem hohen Alter sein Pensum in diesem Ausmaß weiterführte. Er sei Teil der Identität der Nation, erklärte Christopher Lee, Historiker und Freund des Herzogs.
Die Royals sind bei der überwältigenden Mehrheit der Briten beliebt und unumstritten. Das ist auch Philips Verdienst. Wie das Königreich am Donnerstag den Prinzen in den Ruhestand verabschiedet hat, zeigt: Er wird nicht nur Königin Elizabeth II. als Stütze für die etlichen Termine fehlen, sondern der ganzen Nation.