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Präsidentschaft der Hoffnung
EU-Vorsitz: Ab dem 1. Januar steht Griechenland für sechs Monate an der Spitze des Ministerrats der Europäischen Union.
Eine Herkulesaufgabe: Am 1. Januar übernimmt Griechenland den EU-Vorsitz.
Foto: dpa | Eine Herkulesaufgabe: Am 1. Januar übernimmt Griechenland den EU-Vorsitz.
Gerd Höhler
Gerd Höhler
 |  aktualisiert: 30.12.2013 18:59 Uhr

Trotz der Euro-Schuldenkrise, die in Griechenland 2009 begann und das Land immer noch fester in ihrem Griff hat als jedes andere Problemland, soll die EU-Präsidentschaft Athens ein Erfolg werden, verspricht Außenminister Evangelos Venizelos. Ein stilisiertes Segelboot auf blauem Hintergrund, der Nationalfarbe Griechenlands – das Logo der griechischen Präsidentschaft wirkt schlicht. Außenminister Venizelos liest aus den einfachen Formen aber viel heraus: Das vom Wind geblähte Segel symbolisiere „Optimismus“, und im Halbrund, das den Rumpf des Bootes darstellt, erkennt Venizelos das Europäische Parlament wieder und den Grundriss des Theaters der griechischen Antike, die Ära, in der die Demokratie geboren wurde.

Neben schönen Deutungsmöglichkeiten hat das abstrakte Logo vor allem einen Vorteil: Es war billig. 12 000 Euro zahlte das griechische Außenministerium für das Design. Zum Vergleich: Deutschland ließ sich sein Präsidentschaftsmarkenzeichen 100 000 Euro kosten. Überhaupt ist Sparen angesagt. Rund 80 Millionen Euro koste eine EU-Präsidentschaft normalerweise, sagen Insider. Irland, ebenfalls von der Krise gebeutelt, kam mit 51 Millionen aus. Die Griechen wollen das noch einmal unterbieten: 50 Millionen soll ihre spartanische Präsidentschaft kosten. Alle 140 Treffen, die für die nächsten sechs Monate angesetzt sind, finden aus Kostengründen in der Hauptstadt Athen statt. Ausflüge zu den Ägäisinseln, wie bei den vier vorangegangenen griechischen Präsidentschaften, wird es nicht mehr geben.

Wirtschaftswachstum, Beschäftigung, Migration: Hier will Athen in den nächsten sechs Monaten besondere Schwerpunkte setzen. Das sind Themen, die den Griechen – und nicht nur ihnen – besonders unter den Nägeln brennen. Vize-Außenminister Dimitris Kourkoulas unterstreicht aber, man werde „keine griechische, sondern eine europäische Ratspräsidentschaft“ machen.

Zuletzt hatte Griechenland den Ratsvorsitz 2003 inne. Damals herrschte eine optimistische Aufbruchsstimmung in Hellas. Man bereitete sich auf die Olympischen Spiele vor, die Wirtschaft wuchs mit 4,8 Prozent sechsmal so schnell wie der Durchschnitt der Eurozone. Wie anders steht das Land heute da: Seit Beginn der Krise hat es ein Viertel seiner Wirtschaftskraft verloren. Der brutale Sparkurs, den Griechenland auf Geheiß seiner Gläubiger steuern muss, hat über eine Million Menschen um ihre Arbeit gebracht und die Kaufkraft der griechischen Durchschnittsfamilie um fast 40 Prozent geschmälert.

Ein Publikumshit wird die EU-Präsidentschaft vor diesem Hintergrund wohl nicht werden. 55 Prozent der Griechen haben inzwischen eine negative Meinung von der EU. 2007, vor Beginn der Krise, waren noch 78 Prozent gut auf Europa zu sprechen. Auf die Frage, was ihnen zur EU spontan einfalle, nannten damals in einer Eurobarometer-Umfrage 38 Prozent der Griechen den Begriff „Hoffnung“. Hoffnung ist ein Wort, das Ministerpräsident Antonis Samaras auch in diesen Tagen oft bemüht. Der griechische Ratsvorsitz sei „eine Präsidentschaft der Hoffnung auf mehr und ein besseres Europa“, erklärte er erst vor kurzem. Mut muss er aber vor allem seinen eigenen Landsleuten machen. Samaras verspricht, dass sein Land im neuen Jahr endlich die Rezession hinter sich lässt.

Wenn er von einer „Präsidentschaft der Hoffnung“ spricht, denkt der Premier aber wohl auch an sein eigenes politisches Schicksal. Es könnte sich bei der Europawahl im Mai entscheiden. Sollte die radikal-linke Oppositionspartei Syriza, worauf manche Umfragen hindeuten, als klarer Sieger aus der Europawahl hervorgehen, könnte die ohnehin nur mit knapper Mehrheit regierende konservativ-sozialdemokratische Koalition zerbrechen. Dann kämen auf Griechenland neue Turbulenzen zu.

 
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