Unkonventionell war er schon immer. Er war ein Punk, wenn auch nach eigenem Eingeständnis „nur zwei Tage lang“, der schon als Schüler eine Rock-Band gründete und ein eigenes Kassetten-Fanzine mit dem Namen „Festival der guten Taten“ herausbrachte. Sein Germanistik-Studium schmiss Tim Renner nach dem ersten Semester („zu langweilig“), stattdessen moderierte er die experimentelle Radio-Show Zur Lage der Nation und schrieb Pop-Kolumnen.
Mit 22 schließlich machte er sein Hobby zum Beruf und widmete sich professionell dem Musikgeschäft als Chef eines Plattenlabels und Entdecker von so prominenten Bands wie Rammstein oder Element of Crime, später als Medienunternehmer mit eigenem Radiosender (Rock FM), Produzent, Autor, Manager sowie Professor an der Pop-Akademie Baden-Württemberg in Mannheim. Ein Tausendsassa in Sachen Musik und ein glänzender Verkäufer obendrein.
Nun macht Tim Renner wieder etwas Neues – kurz vor seinem 50. Geburtstag wechselt er in die Politik und wird neuer Berliner Kulturstaatssekretär. Am Dienstag wird ihn der rot-schwarze Senat der Hauptstadt zum Nachfolger von André Schmitz bestimmen. Dieser war Anfang Februar in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden, nachdem bekanntgeworden war, dass er die Erträge eines Schweizer Kontos nicht versteuert hatte.
Mit der Berufung Renners war dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) ein echter Coup gelungen, kein professioneller Beobachter der politischen Szene in der Spree-Metropole hatte ihn auf der Rechnung gehabt. Eher galt Berlinale-Chef Dieter Kosslick als möglicher Anwärter. „Tim Renner steht für die Stadt und die Kreativszene“, sagte Wowereit bei der Präsentation seines Wunschkandidaten. Renner sei gut vernetzt und habe durch seine vielfältigen Aktivitäten bereits zahlreiche Initiativen für den Kreativstandort Berlin gegeben. Mit Renner, darüber sind sich alle Akteure der Berliner Kulturszene einig, wird ein frischer Wind Einzug halten, da sich durch seine Interessen die Schwerpunkte von der ernsten Hochkultur zur Subkultur verschieben könnten.