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BERLIN
Politisches Freibier für Lehrieder
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 23.02.2014 18:30 Uhr

Die friedensstiftende Wirkung des einen oder anderen Feierabend-Bieres in der Politik wird ja oft unterschätzt – wobei man nicht unterstellen will, dass Politiker größere Friedensstifter sind als ihre Wähler. Doch beim Gerstensaft soll – wie man hört – der Bundestagsabgeordnete Paul Lehrieder aus Gaukönigshofen (Lkr. Würzburg) die Überzeugung des US-Staatsmannes Benjamin Franklin teilen. Der sagte: „Bier ist der überzeugendste Beweis dafür, dass Gott den Menschen liebt und ihn glücklich sehen will.“

Bundestagspräsident Norbert Lammers (CDU) ist Träger der „Bierkutscher-Mütze“, eines angesehenen Preises im Ruhrgebiet. Und beim Start des neuen Bundestages mahnte Alterspräsident Heinz Riesenhuber (CDU) jetzt die Abgeordneten nicht nur, sich weiter für gerechte Lebensverhältnisse einzusetzen. Dabei sei hilfreich, „auch mal fraktionsübergreifend ein Bier miteinander zu trinken“.

Eine fränkische Tugend

Dies dürfte Lehrieder nicht völlig unbekannt sein. Schließlich hatte er ja in Würzburg bei der trinkfesten Burschenschaft Adelphia genug Zeit zum Üben – wobei es ihm als Politiker (wie man der Redlichkeit halber betonen muss) nicht um die Untugend des unter-den-Tisch-Trinkens geht, sondern um die Pflege einer fränkischen Tugend, die lautet: „Bei einem Bier spricht es sich leichter.“

Die stellte er am Ende eines langen Debatten-Tages Ende Januar prompt unter Beweis, wie das Protokoll des Bundestages zeigt. Abgeordnete verschiedener Parteien hatten sich die Köpfe heiß geredet, über die Pläne der neuen Regierung zur Familienpolitik. Einen bunten Strauß von Maßnahmen lobten Unionsvertreter, ehe der Abgeordnete Jürgen Wunderlich gegen 22 Uhr namentlich das ElterngeldPlus eher als „Stinknelke“ bewertete.

Dazu muss man wissen, dass Wunderlich einerseits von der Linkspartei kommt, andererseits aber ein kollegiales Verhältnis zum CSU-Abgeordneten Lehrieder pflegt. Man schätzt und duzt sich.

Aber die „Stinknelke“ der Linken konnte die Regierungsfraktion nicht unbeantwortet lassen. Nun war Lehrieder als frisch gebackener Vorsitzende des Familienausschusses gefordert. Bundestagspräsident Norbert Lammert sprach drohend: „Als Abschluss und Höhepunkt der heutigen Debatten erhält jetzt der Kollege Paul Lehrieder das Wort.“

Den Feierabend herbeigesehnt

Neun Minuten lang lobte der Gaukönigshöfer pflichtgemäß das Regierungsprogramm in höchsten Tönen. Es lag nach Angaben von Teilnehmern weniger an seinen Fähigkeiten als Redner, mehr an der späten Stunde, dass manch müder Politiker das Feierabend-Bier herbeisehnte. Doch dann kam Lehrieder auf die „Stinknelke“ seines Duzfreundes zu sprechen. „Herr Kollege Wunderlich, Sie hatten vor kurzem Geburtstag, und wir haben uns auf ein Bier verabredet. Ich biete Ihnen an, dass ich Ihnen bei dieser Gelegenheit die einzelnen Passagen des Koalitionsvertrages in gemütlicher Atmosphäre erkläre. Vielleicht verstehen Sie es dann besser“, bot er dem politische Gegner (ein bisschen hinterhältig) an. Das Protokoll vermerkte Beifall bei der Union.

Bundestagspräsident Lammert mahnte Lehrieder schmunzelnd: „Wenn Sie den Koalitionsvertrag Seite für Seite erläutern wollen, wird ein Bier nicht reichen.“ Lehrieder (gewandt im Eintreiben von Fremdmitteln für einen guten Zweck) konterte laut Bundestagsprotokoll: „Wenn der Herr Präsident die weiteren Striche auf unserem Deckel übernimmt, dann können wir natürlich mehrere Biere trinken.“

Was blieb dem Bundestagspräsidenten und Träger der Bierkutschermütze übrig, als die Zeche zu zahlen? „Wenn der Kollege Wunderlich zusagt, dass er diese Prozedur komplett erträgt, dann sage ich das zu.“ Das Protokoll vermerkt Heiterkeit und Beifall der anderen Abgeordneten.

 
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