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PARIS
Politik und die Unesco-Kulturförderung
Unesco-Hauptquartier in Paris       -  Das Unesco-Hauptquartier in Paris
Foto: Yoan Valet, dpa | Das Unesco-Hauptquartier in Paris
Birgit Holzer
 |  aktualisiert: 22.10.2017 02:59 Uhr

Eigentlich besteht ihre ureigenste Funktion darin, friedensstiftend zu wirken mittels Kultur, Bildung und Wissenschaft. Und doch gerät die Unesco immer wieder zwischen die Fronten ihrer Mitgliedstaaten und wird zum Schauplatz internationaler Konflikte – auch jetzt, da die USA und Israel am Donnerstag angekündigt haben, die internationale Organisation mit Sitz in Paris bis Ende 2018 zu verlassen.

Damit protestierten beide Länder gegen eine in ihren Augen anti-israelische Haltung: Als Provokation wurde empfunden, dass die Unesco im Juli die Altstadt von Hebron, die in den besetzten Palästinensergebieten liegt, zum Weltkulturerbe ernannt und auf die Rote Liste gefährdeter Stätten gesetzt hatte.

Bekannt wurde die Entscheidung einen Tag, bevor deren Exekutivrat die Nachfolgerin der bisherigen Generaldirektorin, der Bulgarin Irina Bokova, wählte. Das ist die französische Ex-Ministerin Audrey Azoulay (45). Sie soll künftig die krisengeschüttelte UN-Kulturorganisation Unesco führen, teilte die Unesco am Freitagabend in Paris mit. Seit Gründung der Organisation 1945 besetzten deren Spitze meist Europäer und Amerikaner, einmal jeweils ein Asiate und ein Afrikaner, aber noch nie der Vertreter eines arabischen Landes.

Auf den neuen Generaldirektor beziehungsweise die neue Generaldirektorin kommt die Herausforderung zu, die aktuelle Krise zu lösen, die durch die Austrittsankündigungen der USA und Israels vollständig zum Vorschein kam, aber schon länger schwelte. Bokova selbst hatte erklärt, ihr Nachfolger müsse sowohl Gelder heranschaffen wie auch einend wirken können – die finanziellen Probleme und interne Rivalitäten belasten Unesco, die 195 Mitglieder zählt. Als eine der 17 Organisationen der Vereinten Nationen hat sie sich der Förderung von Erziehung, Wissenschaft, Kultur, Kommunikation und Information verschrieben: Frieden, so steht es in ihrer Präambel, solle „in der geistigen und moralischen Solidarität der Menschheit verankert werden“.

Kontroverse um Hebron

Die US-amerikanischen und israelischen Kritiker werfen der Unesco allerdings vor, unter dem Vorwand der Kulturförderung politisch motivierte Entscheidungen zu treffen und dabei historische Fakten zu verdrehen, wie bei der Kontroverse um Hebron: Das Gebiet um die dortige Ibrahimi-Moschee ist Muslimen wie Juden heilig.

Auch die Annahme einer von mehreren arabischen Staaten eingebrachten Resolution im Jahr 2016, in der nur die arabischen Namen für den Tempelberg und Ostjerusalem genannt und Israel mangelnder Respekt vor den heiligen Stätten der Muslime vorgeworfen wurde, kritisierten Vertreter Israels, da die Verbindung der Juden mit ihren historischen Gebieten missachtet würden.

Bereits im Oktober 2011 gab es heftigen Protest, als die Unesco die Palästinensischen Autonomiegebiete als Mitglied aufnahm – nur zwölf Staaten stimmten gegen die Entscheidung, darunter Israel, die USA und Deutschland. Der damalige US-Präsident Barack Obama entschied daraufhin, die Zahlungen auszusetzen entsprechend einer Vorschrift aus den 90er Jahren, nach der Washington keine Vereinigung finanzieren darf, die die palästinensischen Gebiete als Staat anerkennt.

Für die Unesco waren die finanziellen Einbußen enorm, stellten die USA bis dahin doch rund 22 Prozent des Gesamtbudgets. Inzwischen haben sie einen Zahlungsrückstand von mehr als 500 Millionen Dollar – das Geld wird wohl auch nicht mehr kommen. Die jetzige Entscheidung von US-Präsident Trump, der jene des israelischen Premierministers Benjamin Netanjahu folgte, war keine Überraschung.

 
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