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BOCHUM
Piraten gehen offensiv ins Wahljahr
Bereit für den Wahlkampf: die Führung der Piratenpartei bei ihrer Pressekonferenz in Bochum – (von links) stellvertretender Vorsitzender Sebastian Nerz, Vorsitzender Bernd Schlömer, Pressesprecherin Anita Möllering, politischer Geschäftsführer Johannes Ponader und Generalsekretär Sven Schomacker.
Foto: dpa | Bereit für den Wahlkampf: die Führung der Piratenpartei bei ihrer Pressekonferenz in Bochum – (von links) stellvertretender Vorsitzender Sebastian Nerz, Vorsitzender Bernd Schlömer, Pressesprecherin Anita ...
dpa
 |  aktualisiert: 25.11.2012 19:52 Uhr

Personalquerelen und schlechte Umfragewerte – das will die Piratenpartei endlich hinter sich lassen. Auf einem zweitägigen Bundesparteitag in Bochum verankerten die Piraten erstmals Positionen zur Wirtschafts- und Außenpolitik im Grundsatzprogramm. Auch bei Fragen zu Europa, dem Jugendschutz oder der Rente kann die junge Partei jetzt Inhalte liefern. Der Vorsitzende Bernd Schlömer sprach von einem „Neustart vor der Landtagswahl in Niedersachsen und vor der Bundestagswahl“. An dem Parteitag nahmen rund 2000 Mitglieder teil – so viele wie nie zuvor in der jungen Geschichte der Partei.

„Wir haben bewiesen, dass wir Politik machen wollen“, sagte Schlömer in einer Bilanz am Sonntag. Die Basis gab dem amtierenden Bundesvorstand das von Schlömer erbetene Vertrauensvotum – nach dem Rücktritt von zwei Vorstandsmitgliedern waren Zweifel an der weiteren Arbeitsfähigkeit des im April gewählten Gremiums laut geworden. Der Politische Geschäftsführer Johannes Ponader, der im Mittelpunkt der Personalquerelen stand, sagte, die Piraten müssten durchaus ihre Streitkultur leben, aber auch respektvoll miteinander umgehen.

„Das Leitbild der Piraten ist eine Ordnung, die sowohl freiheitlich als auch gerecht als auch nachhaltig gestaltet ist“, heißt es im Grundsatzprogramm zur Wirtschaftspolitik, das am Samstag beschlossen wurde. Darin setzen sich die Piraten von der Wachstumspolitik anderer Parteien ab. Die über den Markt verkauften Güter seien „nur ein sehr unvollständiges und zuweilen irreführendes Maß für den Wohlstand und für die Lebensqualität in einer Gesellschaft“. Das Ziel der Vollbeschäftigung wird als „weder zeitgemäß noch sozial wünschenswert“ abgelehnt. Befürwortet wird ein bundesweiter gesetzlicher Mindestlohn als Zwischenlösung zu dem mittelfristig angestrebten System einer „bedingungslosen Existenzsicherung“ für alle. Beim gesetzlichen Jugendschutz nahmen die Piraten die Forderung nach einer Lockerung ins Programm auf. Die Regelungen seien „zu streng, überbürokratisiert und nicht mehr zeitgemäß“.

Rentner sollen nach dem Willen der Piraten eine Mindestrente erhalten. Das bisherige Rentensystem müsse so umgestaltet werden, dass „die Stärkeren sich angemessen mit Beiträgen an der Rentenversicherung beteiligen“. Unter anderem sprechen sich die Piraten dafür aus, alle Rentensysteme, auch die Pensionen im öffentlichen Dienst, zu einer Rentenkasse zusammenzuführen.

Am Sonntag gab sich die Partei erstmals Grundsätze zur Außenpolitik. „Leitmotiv des globalen Handelns der Piratenpartei ist das Engagement für Menschenrechte und eine gerechte Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung“, heißt es darin. „Wir treten weltweit für die Förderung der Zivilgesellschaft und die Lösung von Konflikten mit friedlichen Mitteln ein.“ Die Piraten sprachen sich für eine weitere Integration Europas und eine gemeinsame Verfassung aus. Allerdings müsse die Bürgerbeteiligung auf europäischer Ebene verbessert werden.

In der Umwelt- und Energiepolitik plädierten die Piraten für den Ausstieg aus der Kernenergie binnen drei Jahren und sprachen sich gegen ein Endlager für Atommüll in Gorleben aus. Grundsätzlich treten sie ein für einen „verantwortungsvollen und generationengerechten Umgang mit den zum allgemeinen Wohlergehen notwendigen Ressourcen immaterieller oder materieller Art“.

Ponader warf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Sonntag vor, ihre „farblose“ Politik zu Unrecht als alternativlos darzustellen. Von „Salamitaktik“ sprach er mit Blick auf die Nebentätigkeiten des designierten SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück. Die Grünen liebäugelten mit der Union, sagte er, am Ende stünde eine große Koalition, die Stillstand bedeuten würde.

 
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