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LIMBURG/WIESBADEN
Pfarrer fordern Rücktritt von Bischof Tebartz-van Elst
Im Innenhof des Bischofshauses: Franz-Peter Tebartz-van Elst, Bischof von Limburg
Foto: dpa | Im Innenhof des Bischofshauses: Franz-Peter Tebartz-van Elst, Bischof von Limburg
Deutsche Depeschenagentur
 |  aktualisiert: 11.01.2016 14:55 Uhr

Baukostenexplosion und Täuschungsvorwurf: Immer mehr Katholiken halten den Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst nicht mehr für tragbar. Der Theologe Thomas Schüller von der Uni Münster und der Sprecher des „Hofheimer Kreises“ von kritischen Pfarrern, Ludwig Reichert, fordern seinen Rücktritt. Der Priesterrat des Bistums sieht das Vertrauen zerstört.

Die Baukosten für den neuen Bischofssitz summieren sich nach einer verwaltungsinternen Kostenrechnung auf rund 31 Millionen Euro. Dies hatte die Pressestelle des Bistums am Montagabend mitgeteilt – und zwar zunächst gegen den Willen des Bischofs, wie es beim Vermögens- und Verwaltungsrat hieß.

Das Bistum selbst hatte noch vor wenigen Wochen Berichte zurückgewiesen, die Baukosten könnten bei 20 Millionen Euro liegen. Von mehr als zehn Millionen Euro war zuletzt die Rede gewesen, ursprünglich veranschlagt waren aber etwa 2,5 Millionen Euro. Kritiker werfen dem Bischof Täuschung vor.

„Wir sind hinter das Licht geführt worden“, sagte ein Sprecher des Vermögens- und Verwaltungsrats, der für die Kontrolle der Finanzen des Bischöflichen Stuhls in Limburg zuständig ist. Dieses Ausmaß der Kosten sei völlig unbekannt gewesen. 2012 und 2013 sei der vorgeschriebene Haushaltsplan nicht vorgelegt worden. Frankfurts Stadtdekan Johannes zu Eltz, ein Kritiker des Bischofs, hatte Mitte September prophezeit: „Ich vermute, dass da eine Zahl rauskommen wird, die uns umhauen wird.“

Tebartz-van Elst müsse die Verantwortung für die Kostensteigerung übernehmen, sagte Professor Schüller dem Radiosender hr-info. „Das ist ein großer Flurschaden, nicht nur im Bistum Limburg. Das trifft die gesamte Kirche in Deutschland.“ Reichert vom „Hofheimer Kreis“ sagte demselben Sender: „Ich denke, dass die Glaubwürdigkeit schwer erschüttert ist.“ Wenn sich der eigene Verwaltungsrat hinter das Licht geführt fühle, könne der Bischof sein Amt nicht mehr verantwortlich ausüben.

Der Sprecher des Priesterrats des Bistums, Pfarrer Reinhold Kalteier, sieht den Vatikan in der Pflicht: „Die Aufgabe liegt jetzt in Rom und bei den deutschen Bischöfen, damit umzugehen.“ Er könne sich jedoch nicht vorstellen, wie der Bischof Vertrauen wiederherstellen könne. Dass die Kosten derart explodiert seien, liege in der Verantwortung des Bischofs. „Ich gehe davon aus, dass alles, was geschehen ist, mit dem Wissen des Bischofs geschehen ist.“ Der Priesterrat repräsentiert das Presbyterium und unterstützt den Bischof bei der Leitung der Diözese. „Solch hohe Kosten für die Wohn- und Arbeitsräume eines einzelnen Menschen sind den Gläubigen nicht zu vermitteln“, sagte der Frankfurter Pfarrer Werner Otto, ebenfalls Mitglied des „Hofheimer Kreises“. Noch erschreckender sei jedoch, dass der Bischof offenbar den Vermögens- und Verwaltungsrat des Bischöflichen Stuhls getäuscht habe. „Wenn das zutrifft und er die Haushalte nicht vorgelegt hat, dann ist sein Amt extrem beschädigt.“ Tebartz-van Elst werde nun einiges zu erklären haben.

Dieser sagte am Dienstag aber erst einmal einen öffentlichen Termin in Wiesbaden ab. Er setze auf die Prüfung durch die Deutsche Bischofskonferenz: „Wir warten ab, was der Prüfbericht ergibt“, so Bistums-Sprecher Martin Wind.

Bischöflicher Stuhl

Das katholische Kirchenrecht versteht unter dem Begriff „Bischöflicher Stuhl“ zuallererst das konkrete Amt eines Bischofs, dem die Leitung eines Bistums anvertraut ist, mitsamt seiner Verwaltung. Dem „Bischöflichen Stuhl“ kommt dabei juristische Rechtspersönlichkeit zu. Dazu gehört die Fähigkeit, Vermögen für kirchliche Zwecke zu erwerben, zu verwalten und zu veräußern.

Eine weitere Dimension ist das Verständnis des „Bischöflichen Stuhls“ als Vermögensträger. In diesem Zusammenhang umfasst er das bischöfliche Tafelgut, die „mensa episcopalis“. Aus dieser Vermögensmasse wurden zu früheren Zeiten der bischöfliche Haushalt und die Amtsführung finanziert.

Im deutschen Staatskirchenrecht ist der „Bischöfliche Stuhl“ eine „Körperschaft öffentlichen Rechts“. Gemäß dem Selbstbestimmungsrecht der Kirchen, wonach sich diese selbst verwalten dürfen, sind die Bischöfe über die Einkünfte und Ausgaben des „Bischöflichen Stuhls“ gegenüber staatlichen Stellen nicht zur Rechenschaft verpflichtet. FOTO: dpa

 
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