Es sind die Dieselmotoren, die in dem üblen Ruf stehen, für die Feinstaubbelastung der Luft durch Rußpartikel verantwortlich zu sein. Vor zehn Jahren verordnete die EU ihnen deshalb spezielle Abgasfilter. Im September 2017 kommen nun auch die Benziner dran. Das hat der Technische Ausschuss für Kraftfahrzeuge (TCMV) der Brüsseler EU-Kommission in dieser Woche beschlossen. Einstimmig, wie ausdrücklich betont wurde.
Das ist überraschend, denn noch am vergangenen Wochenende hatte das Bundeswirtschaftsministerium durchsickern lassen, Deutschland werde die Neuregelung blockieren. Dabei sind die Selbstzünder seit Einführung der Euro-4-Norm durchaus entgiftet worden, während die Benziner selbst die strengeren Euro-5- und Euro-6-Normen ohne Filter erfüllten – weil man ihnen erlaubte, bis zu zehnmal mehr Feinstaub in die Luft zu blasen als Diesel-Pkw. „Wenn Sie heute mal den Auspuff von modernen Diesel- und Benzinautos vergleichen, dann werden sie sehen, dass das Rohr beim Benziner schwarz ist – beim Diesel aber nicht“, sagt Axel Friedrich, Ex-Beamter des Umweltbundesamtes und Berater der Deutschen Umwelthilfe. Deshalb soll die Übergangsregelung im September 2017 auslaufen. Ab dann brauchen vor allem Benziner mit Direkteinspritzung einen Filter an Bord, ein Jahr später alle Neuwagen, die in der EU zugelassen werden.
Kleiner als Bakterien
„Das ist ein guter Tag für Stadtbewohner, die mit Autoabgasen verseuchte Luft einatmen müssen“, triumphierte Julia Poliscanova von der Umweltorganisation „Transport and Environment“ (Transport und Umwelt). Es geht um Feinstaubpartikel von mikroskopischer Größe. Bisher werden vor allem die PM-10-Partikel (entspricht zehn Mikrometer) erfasst, künftig sollen auch die Mini-Teilchen ab PM 2,5 erfasst werden – sie sind kleiner als Bakterien und gelangen nicht nur über die Atemwege in die Lunge, sondern auch in die Blutbahn. Bei hochgezüchteten Spritsparmotoren entstehen solche Kleinstpartikel in immer höheren Dosen. Neue Filter sollen dem einen Riegel vorschieben, entschieden die EU-Experten jetzt. Der Beschluss zur Einführung der neuen Euro-6c-Abgasklasse ist verbindlich, sollte das Europäische Parlament in den nächsten drei Monaten nicht widersprechen. Dessen Position ist noch offen.
Heftiger Widerstand gab es aber sofort vom Verband der Automobilindustrie (VDA): „Ein Veto der Bundesregierung wäre notwendig gewesen“, hieß es. Man vermisse den politischen Willen, das Machbare anzuerkennen. Schließlich erfordere die neue Technik den Eingriff in laufende Produktzyklen und sei „zeitlich nicht zu schaffen“. Bis zu 500 000 Autos könnten deshalb in Europa weniger gebaut werden. Doch das ist wohl nur die halbe Wahrheit, denn einige Hersteller stellten sich schon auf die Neuerungen ein. Mercedes verpasst seinem V8-Benzin-Motor in der gehobenen S-500-Klasse seit Jahren einen Partikelfilter und bezieht demnächst auch die Sechs- und Vier-Zylinder ein. Volkswagen hat angekündigt, als eines der ersten Modelle den Tiguan mit 1,4-Liter-TSI-Antrieb ab Juni 2017 mit einem Partikelschutz auszuliefern – ebenso den Audi A5 mit 2,0 TFSI-Motor. Citroën ist ebenfalls bei der Umrüstung. Bei BMW wartet man noch ab.
Notwendige Diskussion
Dass die Fahrzeuge für den Kunden deutlich teurer würden, bestreiten Experten der Umweltorganisationen. Der Rußpartikelfilter koste um die 25 Euro, heißt es beim ADAC, der die Initiative der EU unterstützt. „Die politische Diskussion um sauberere Benziner ist notwendig. Auch ein Benzinmotor muss rußfrei sein“, forderte Reinhard Kolke, Leiter des ADAC-Technikzentrums.