Eine EU-Ermittlungsgruppe will einige führende Mitglieder der ehemaligen „Befreiungsarmee des Kosovo“ (UCK) zur Zeit des Bürgerkriegs Ende der 90er Jahre anklagen. Es gebe ausreichende Beweise für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, sagte Chefermittler Clint Williamson am Dienstag in Brüssel.
„Diese Individuen tragen Verantwortung für eine Verfolgungskampagne, die sich gegen ethnische Serben, Roma und andere Minderheiten im Kosovo richtete“, sagte Williamson. Aber auch Albaner wurden als angebliche Kollaborateure verfolgt. Namen nannte Williamson nicht.
Zahlreiche UCK-Führer wurden später hochrangige Politiker im mehrheitlich albanisch bewohnten Kosovo. Für die Ermittlungen wurden laut Williamson Tausende Dokumente ausgewertet und Hunderte Zeugen befragt. Ein großes Problem sei die Einschüchterung von Zeugen gewesen, und die passiere immer noch. Seine dreiährigen Ermittlungen deckten sich in großen Teilen mit dem Bericht des Schweizer Europaabgeordneten Dick Marty von 2010/11, sagte Williamson. Darin beschuldigt Marty auch Kosovos bisherigen Regierungschef Hashim Thaci, einst als Rebellenführer an der Entführung von Serben beteiligt gewesen zu sein.
Bis zu zehn Gefangenen sollen Organe entnommen worden sein, um sie zu verkaufen. Thaci bestreitet die Vorwürfe. Laut Williamson habe man noch nicht genügend Beweise für einen Organhandel gefunden, man werde aber weiter suchen.
Sobald es die Möglichkeit gebe, einen unabhängigen und transparenten Prozess zu führen, der auch höchsten Zeugenschutz garantiere, könne die Sonderermittlungsgruppe Anklage erheben, sagte Williamson. Zu diesem Zweck ist ein Gericht für albanische Verbrechen in der Zeit nach dem Kosovo-Krieg geplant.