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WÜRZBURG
Opfer klagen der Kirche ihr Leid
In der Diözese Würzburg sind in den vergangenen Wochen 50 Fälle von Gewalt oder sexuellem Missbrauch gemeldet worden. In fünf Fällen ermittele die Staatsanwaltschaft. Dies gab Strafrechtsprofessor Klaus Laubenthal bekannt.
Vor den Medien: Juraprofessor Klaus Laubenthal (links), der Missbrauchsbeauftragte der Diözese, und Generalvikar Karl Hillenbrand.
Foto: Obermeier | Vor den Medien: Juraprofessor Klaus Laubenthal (links), der Missbrauchsbeauftragte der Diözese, und Generalvikar Karl Hillenbrand.
Von unserem Redaktionsmitglied Ludwig Sanhüter
 |  aktualisiert: 22.06.2022 09:19 Uhr

Laubenthal, Ansprechpartner des Bistums für Opfer von sexuellem Missbrauch und Gewalt, ist seit 40 Tagen im Amt.

Insgesamt gab es 54 Meldungen, von denen vier sich nicht auf die Kirche bezogen. Zwei Drittel der Vorwürfe sprechen von sexuellen Vergehen, ein Drittel von körperlicher Gewalt. Zwei Drittel der Opfer sind männlich. Die meisten Vorfälle wurden aus den 60er Jahren gemeldet. Laubenthal erklärte ferner, gegen den früheren Weihbischof Helmut Bauer gebe es Vorwürfe von Gewaltanwendung.

„In den ersten 48 Stunden erreichte mich eine ganze Flut von Eingängen“, schilderte Laubenthal seinen Amtsantritt am 19. März. Als „vorläufig abgeschlossen“ bezeichnete Laubenthal 33 der 54 Vorgänge. 13 Opfer, die einen Fall von Gewalt oder Missbrauch meldeten, wollten ausschließlich eine Dokumentation. Drei Meldungen wurden an andere Bistümer weitergeleitet, sieben an Orden im Bistum, einer an Orden in einem anderen Bistum. Die Orden sind unabhängig von der bischöflichen Verwaltung und haben eigene Missbrauchsbeauftragte eingesetzt.

„Viele Betroffene schreiben mir, sie hätten die Vorfälle lange verdrängt. Zum Teil sind es seitenlange E-Mails oder lange Telefonate“, so Laubenthal. Er höre auch immer wieder Sätze wie „Bei Ihnen finde ich das gut aufgehoben“.

Hervorzuheben seien mehrere Mitteilungen über ein Augustiner- seminar in Münnerstadt, wo es in den 60er Jahren „massive physische Misshandlungen“ gegeben haben soll. Die Mitteilungen entsprechen sich inhaltlich, so Laubenthal. Ein Sexualbezug sei dabei nicht ausgeschlossen.

Bei den noch offenen Vorgängen nannte Laubenthal drei Vorwürfe gegen den früheren Weihbischof Helmut Bauer wegen körperlicher Misshandlung von Schülern. Es gehe um Schläge, auch mit „damals gängigen Züchtigungsgegenständen“. Bauer war in den 60er und 70er Jahren Leiter der Internate „Kilianeum“ in Bad Königshofen und Würzburg.

Bauer erklärt dazu in einer Stellungnahme: „Auch wenn ich mich bei bestem Wissen und Gewissen an die angezeigten Vorgänge nicht erinnern kann, zweifle ich nicht an den Darstellungen der ehemaligen Schüler. Als Erzieher war ich in der damaligen Zeit der Meinung, eine körperliche Züchtigung sei als pädagogische Maßnahme in bestimmten Fällen angebracht. (. . .) Heute muss ich aber zugeben: Aus dem Geist des Evangeliums hätte ich als priesterlicher Internatsleiter auch schon damals eine solche Züchtigung als erzieherische Maßnahme nicht durchführen dürfen. Dieses Vorgehen war falsch und tut mir leid.“

Generalvikar Karl Hillenbrand kündigte für den 5. Mai eine Telefonaktion an mit dem Titel „Kirche in der Krise – Was ich mal sagen will.“ Dabei stehen 40 Seelsorger von 16 bis 20 Uhr Rede und Antwort. Erreichbar sind sie unter den Telefonnummern der zehn Diözesanbüros.

Unterdessen erklärte der evangelische Dekan in Würzburg, Günter Breitenbach, im früheren evangelischen Melanchthonheim in Würzburg solle es Anfang der 60er Jahre zu körperlichen Bestrafungen gekommen sein. Eine sexuelle Begleitmotivation wollte Breitenbach nicht ausschließen.

 
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