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Olympia: Immer weiter bis zum nächsten Skandal
Achim Muth
 |  aktualisiert: 16.02.2018 03:03 Uhr

Es hätte nicht viel gefehlt, und München wäre ab diesem Freitag Gastgeber für die Olympischen Winterspiele 2018 gewesen. Die bayerische Metropole unterlag jedoch 2011 in Südafrika bei der Abstimmung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) gegen die südkoreanische Kleinstadt Pyeongchang. Wer sich den Zustand des Weltsports heute anschaut, braucht das nicht zu bedauern.

Milliardengeschäft Olympia zieht Dunkelmänner an

Zwei Jahre nach der Entscheidung erfuhr das vom Olympia-Opportunisten Thomas Bach geprägte Sportdeutschland – sieben Jahre lang führte der Ex-Fechter den Deutschen Olympischen Sportbund – eine seiner größten Niederlagen: In einer Bürgerbefragung stimmte die Mehrheit 2013 gegen eine neuerliche Bewerbung Münchens. Wohlgemerkt: Es war keine Entscheidung der Menschen im Alpenvorland gegen Olympia, sondern gegen den Gigantismus, gegen Naturzerstörung, gegen Korruption, gegen Hinterzimmerpolitik. Die Oberbayern bewiesen ein feines Gespür.

Wenige Wochen vor der Abstimmung war der gebürtige Würzburger Bach zum IOC-Präsidenten gewählt worden und damit zum mächtigsten Mann des Weltsports aufgestiegen. Seitdem hat sich der Zustand der olympischen Bewegung mehr verschlechtert als verbessert, und so werden die am Freitag beginnenden Olympischen Winterspiele keine unbeschwerten sein. Der Doping-Generalverdacht hat sich wie Mehltau über die Spiele gelegt.

Dabei wäre es töricht zu glauben, der Sport wäre sauber. Sport ist ein Spiegelbild der Gesellschaft, und nur ein Narr würde annehmen, dass ausgerechnet diese Nische des Daseins frei sein sollte von Manipulationen. Das Milliardengeschäft Olympia zieht Dunkelmänner geradezu an.

Der Staat hat in seiner Gerichtsbarkeit, im Strafgesetzbuch den Umgang mit Kriminalität sehr genau definiert. Der Sport tut sich da schwerer. Denn die Betrüger sind nicht das Problem, der Umgang mit ihnen ist es. Der Beobachter wird das Gefühl nicht los, dass das IOC und viele seiner Mitgliedsverbände, dass mächtige Sportpolitiker und Rechteinhaber überhaupt kein Interesse daran haben, die Sünder auffliegen zu lassen. Es erschüttert, mit welch mafiösen Strukturen etwa in Russland das Doping staatlich verordnet und vertuscht wurde.

Es macht fassungslos, mit welch krimineller Energie wohl sogar Geheimdienste am Sportbetrug beteiligt waren. „Liebesgrüße aus Moskau“, längst bräuchte der Sport einen James Bond.

Und es sei an dieser Stelle auch noch einmal daran erinnert, wie schwer sich der von Bachs Geist gesteuerte DOSB hierzulande 2015 mit der Einführung eines nationalen Anti-Doping-Gesetzes tat. Viele seiner verantwortlichen Vertreter halten es tatsächlich noch heute für überflüssig.

Das ist kein Nährboden für Aufarbeitung. Das IOC hat in der Affäre um russisches Staatsdoping durch ein Dickicht aus immer neuen Kommissionen, Arbeitsgruppen und Sanktionen ein sportjuristisches Chaos erzeugt. Dass ein überführter Dopingsünder eigentlich für vier Jahre gesperrt werden muss, die enttarnten russischen Athleten aber mit nur zwei Monaten davonkommen sollen, finden im IOC nur wenige seltsam.

Das IOC muss Aufklärung fördern, statt sie zu behindern

Es braucht integere und eiserne Aufklärer, die vom IOC gefördert und nicht behindert werden, nur so kann der olympische Sport die wohl größte Glaubwürdigkeitskrise seiner Geschichte noch meistern. Aber auch die Fans könnten ihren Beitrag zur Erneuerung leisten: Jammern über die Missstände hilft nicht. Abschalten dagegen vielleicht schon. Wenn sich die Öffentlichkeit das inszenierte Spektakel nicht anschauen würde, müssten die Verantwortlichen reagieren. Doch ab Freitag wird der Fernseher wieder im Dauerbetrieb laufen, werden Medaillen gezählt und wird Athleten zugejubelt. Bis zum nächsten Skandal.

 
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