Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat der deutschen Bildungspolitik ein gutes Zeugnis ausgestellt und vor allem das duale System der Berufsausbildung gewürdigt. Der reibungslose Übergang von der Ausbildung in den Beruf sei die „im internationalen Vergleich herausragendste Stärke des deutschen Bildungssystems“, sagte Andreas Schleicher, Direktor für Bildung bei der OECD, am Donnerstag in Berlin bei der Vorstellung der internationalen Vergleichsstudie „Bildung auf einen Blick“.
So seien lediglich 8,6 Prozent der 15- bis 29-Jährigen weder in Ausbildung noch erwerbstätig, womit Deutschland einen Spitzenplatz im Kreis der hoch entwickelten Industrieländer einnähme, nur in Island und in den Niederlande sind es noch weniger. Dem dualen System sei es auch zu verdanken, dass der überwiegende Teil der Bevölkerung über einen mittleren Bildungsabschluss verfüge.
Ausdrücklich würdigte die OECD auch, dass in Deutschland die Zahl der Menschen mit einem höheren Abschluss, beispielsweise einem Handwerksmeister oder einem Hochschulabschluss, von 22 Prozent im Jahr 2005 auf 30 Prozent im Jahr 2015 gestiegen sei. Allerdings hinkt Deutschland damit im internationalen Vergleich immer noch hinterher, im OECD-Mittel stieg der Anteil im gleichen Zeitraum von 32 auf 42 Prozent an. Ein höherer Abschluss lohne sich auch finanziell, rechnete Schleicher vor. So verdiene ein Handwerksmeister im Durchschnitt 26 Prozent mehr als ein Kollege ohne entsprechende Qualifikation, wer sein Studium mit einem Master oder einem Staatsexamen abschließe, sogar 80 Prozent mehr. „Es gibt keine Anzeichen dafür, dass der Arbeitsmarkt für höhere Qualifikation gesättigt ist.“
Im gleichen Atemzug kritisierte die OECD allerdings, dass Deutschland im internationalen Vergleich immer noch zu wenig für Bildung ausgebe. So liegen die Investitionen mit 4,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts „recht deutlich“ unter dem OECD-Mittelwert von 4,8 Prozent.
Zwar stiegen die Ausgaben für den Hochschulbereich, doch nicht im gleichen Umfang wie die Zahl der Studierenden und der Ausbildungsplätze, so dass Deutschland 2015 pro Kopf weniger ausgab als vor der Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahre 2008. Zudem bemängelte Schleicher, dass die Eltern zu einem Viertel die Kosten der frühkindlichen Bildung tragen müssten, dies liege weit über dem Durchschnitt der Industriestaaten, während die Hochschulbildung fast ausschließlich vom Staat getragen werde.
Ausdrücklich bemängelte die OECD den hohen Anteil an jungen Menschen, die ohne Schulabschluss und berufliche Ausbildung dastehen. Er liege bei den 25- bis 34-Jährigen bei 13 Prozent und habe sich in den vergangenen Jahrzehnten kaum verändert, während in vielen anderen Ländern der Anteil der Geringqualifizierten in den letzten 30 Jahren deutlich gesenkt werden konnte. „Diese geringe Dynamik bei der Absicherung grundlegender Qualifikationen ist auch deshalb unbefriedigend, weil der Bildungsaufstieg aus bildungsfernen Milieus weiterhin nur schwer gelingt“, kritisierte Schleicher.