Es ist sein erster Besuch in Israel und die erste Auslandsreise der zweiten Amtszeit, aber selbst das Weiße Haus hält die Erwartungen niedrig: Barack Obamas Nahosttournee, die heute in Israel beginnt, ist wenig mehr als der Versuch, zerschlagenes Porzellan zu kitten. „Bei seinem Besuch geht es nicht darum, eine neue Initiative festzuzurren oder unsere Arbeit an einem bestimmten Thema abzuschließen“, sagt Vize-Sicherheitsberater Ben Rhodes. Stattdessen hat der Präsident eingewilligt, das Grab Theodor Herzls zu besuchen, der als Vordenker des Zionismus schon vor dem Holocaust gilt. Das wird als Bestätigung der These gewertet, dass Juden seit alters her Ansprüche auf das Land um Jerusalem haben, nicht erst seit Ende des Dritten Reiches.
Auftritt vor Jugendlichen
In seiner Rede an die muslimische Welt 2009 hatte Obama zwar auch den Extremismus der Hamas abgelehnt. In Israel wurde aber vor allem registriert, dass er die israelische Siedlungspolitik für inakzeptabel erklärte. Als er dann davor zurückschreckte, den israelischen Premier Benjamin Netanjahu zu einem dauerhaften Baustopp zu zwingen, erwies sich die große Geste als kontraproduktiv – beide Seiten fühlten sich vor den Kopf gestoßen.
Anstelle einer Ansprache in der Knesset will Obama in einem Kongresszentrum in Jerusalem vor Tausenden von Jugendlichen auftreten. Neben dem Treffen mit Präsident Schimon Peres muss er vor allem mit Premierminister Benjamin Netanjahu Beziehungsarbeit leisten, die beiden verbindet ein Nichtverhältnis. Seit Samstag hat Netanjahu ein neues Kabinett, und weil auch Obama seinen neuen Außenminister John Kerry mitbringt, könnte die Reise zumindest einen persönlichen Neubeginn markieren. Zu den zentralen Themen gehört nach wie vor der Umgang mit dem iranischen Atomprogramm. Während Netanjahu glaubt, der Mullahstaat könne schon im Frühjahr oder Sommer in den Besitz einer Kernwaffe gelangen, hat Obama jetzt dem israelischen Fernsehen gesagt, für diese Fähigkeit werde das Land noch mindestens ein Jahr brauchen.
Gespräche in Ramallah
Noch schlechter als in Israel steht es um Obamas Ansehen in den Palästinensergebieten. Bitterer als der Siedlungsstreit ist den Palästinensern aufgestoßen, dass die US-Regierung in der UNO ihren Versuch bekämpfte, auch ohne Friedensabkommen einen eigenen Staat auszurufen. Obama wird die Autonomiebehörde in der West Bank besuchen und in Ramallah Präsident Mahmud Abbas und Premierminister Salam Fayyad treffen.
Zumindest in einer Hinsicht ist die Visite historisch: Als Obama am Dienstagabend aus Washington abflog, stand die planmäßige Ankunft von Vizepräsident Joe Biden noch aus – Biden hatte in Rom der Amtseinführung von Papst Franziskus beigewohnt. Normalerweise versucht das Weiße Haus zu vermeiden, dass Präsident und Vize gleichzeitig außer Landes sind. Wenn ihnen etwas zustößt, rückt der Sprecher des Repräsentantenhauses auf den Chefposten nach. Und das wäre in diesem Fall der Republikaner John Boehner.