Barack Obama macht Ernst: Nach dem Amoklauf in Newtown mit 27 Toten dringt der US-Präsident auf rasche Schritte zur Verschärfung laxer Waffengesetze. Obama ernannte seinen Vize Joe Biden zum Vorsitzenden einer Taskforce, die den Spielraum für Gesetzesänderungen ausloten soll. „Diesmal müssen die Worte zu Taten führen“, sagte Obama am Mittwoch im Weißen Haus. Er werde alles in seiner Macht stehende tun, damit es diesmal Erfolge gebe. Die Kommission solle schon im Januar Vorschläge vorlegen. Eindringlich rief er den Kongress zum Handeln auf.
Obama betonte allerdings, dass der zweite Verfassungszusatz, der das Recht auf Waffentragen festschreibt, nicht zur Debatte stehe. „Wie die Mehrheit der Amerikaner glaube ich, dass der Zweite Verfassungszusatz das individuelle Recht auf Waffentragen garantiert.“ Erneut machte er klar, dass er ein Verbot von halbautomatischen Sturmgewehren unterstütze. Mit einer solchen Waffe hatte der Amokläufer von Newtown am vergangenen Freitag 20 Kinder, sechs Erwachsene und sich selbst umgebracht. Obama befürwortete zudem striktere Überprüfungen der Käufer beim Erwerb von Waffen.
Zugleich machte Obama klar, dass Fortschritte schwierig sein werden, „doch das darf nicht länger eine Entschuldigung für Nichtstun sein“. Es gehe aber nicht nur um neue Waffengesetze. Es gehe auch um „eine Kultur, die allzu oft Schusswaffen und Gewalt glorifiziert“.
Zugleich brach die US-Waffenlobby ihr Schweigen zum Schulmassaker, ihre Erklärung blieb jedoch rätselhaft: Die National Rifle Association NRAN sagte, sie wolle weitere Verbrechen dieser Art verhindern. Vier Tage nach dem Blutbad verkündete die mächtige Lobbygruppe, die bisher jeden Anlauf zu strengeren Waffengesetzen strikt bekämpfte, sie sei „geschockt, traurig und todunglücklich“. Die Vereinigung versprach, „sinnvolle Beiträge zu leisten, um zu helfen, dass so etwas niemals mehr geschieht“.
Ganz Amerika fragte sich, was die Lobbyisten damit tatsächlich meinen – Sinneswandel oder bloßes Lippenbekenntnis? Obama antwortete auf eine entsprechende Frage: „Die NRA ist eine Organisation, die Mütter und Väter hat.“ Beim Thema Waffengesetze dreht sich damit offenbar der Wind in den USA. Bemerkenswert ist, dass sich seit Newtown – wo am Freitag 20 Grundschüler im Alter von sechs und sieben Jahren im Kugelhagel eines Sturmgewehrs starben – auch solche Politiker für strengere Gesetze erwärmen, die in der Vergangenheit von der NRA ausdrücklich als „wählbar“ eingeschätzt wurden.
Zu ihnen gehört etwa der demokratische Senator Mark Warner aus dem traditionell konservativen Virginia. „Ich habe das A-Rating der NRA“, sagt Warner. Aber der 58-Jährige hat auch drei Töchter. „Sie haben mich Freitagabend gefragt: ,Daddy, was unternimmst Du jetzt?'.“ Er sei bisher ein entschlossener Befürworter des Zweiten Verfassungszusatzes, der das Recht der Amerikaner auf Waffentragen festschreibt. Doch nach dem Massaker in Newtown sagt Warner: „Genug ist genug.“ Die „New York Times“ spricht bereits von „vorsichtigem Optimismus“, dass es diesmal nicht nur bei schönen Worten bleibt.