US-Präsident Barack Obama hat bei einem Besuch des Holocaust-Museums in Washington neue Ansätze zur Bekämpfung von Massenmorden vorgestellt. Sie richten sich vor allem gegen autoritäre Regimes. Eine Verfügung soll erstmals auch Sanktionen gegen Ausländer ermöglichen, die mit Methoden wie Handy-Ortung oder Internetüberwachung zu schweren Menschenrechtsverletzungen beitragen.
„Dieselbe Navigations-, Satelliten-, Handy- und Internettechnologie, die von Vorkämpfern der Demokratie im Nahen Osten und in Nordafrika eingesetzt wurde, wird von den Regimes in Syrien und dem Iran gegen sie verwendet“, heißt es in dem Papier. Während Obamas Rede traten Sanktionen in Kraft, die Regierungsbehörden und private Unternehmen in beiden Staaten unter anderem mit Visa-Sperren und finanziellen Restriktionen belegen.
Das Weiße Haus teilte mit, die Maßnahmen seien Teil einer breiteren Strategie zur Vorbeugung von Massenmorden und Genoziden. Obama hat eine gemeinsame Einschätzung aller US-Geheimdienste zur Wahrscheinlichkeit solcher Ereignisse in verschiedenen Ländern bestellt. Sie soll auch die Auswirkung auf amerikanische Interessen untersuchen. In seiner Ansprache kündigte der Präsident Unterstützung für Technikunternehmen an, die Methoden entwickeln, mit denen Zivilisten in autoritären Staaten Gefahren schneller entdecken können. Ein hochrangiges Gremium innerhalb der US-Regierung soll Versuche koordinieren, Massenverbrechen rund um den Globus zu verhindern.
Speziell im Hinblick auf Iran und Syrien steht Obamas Außenpolitik unter Druck. Die republikanische Opposition wirft dem Amtsinhaber Schwäche vor. Sein Gegner aus dem Wahlkampf 2008, Senator John McCain, plädierte erneut für ein militärisches Eingreifen in Syrien und berief sich dazu auf Obama selbst. 2010 hatte der Präsident die Intervention in Libyen mit den Worten begründet: „Amerikas Führungsverantwortung und die Verantwortung gegenüber unseren Mitmenschen beiseite zu schieben, wäre ein Verrat an unserer Identität.“
Menschenrechtsgruppen schätzen, dass im syrischen Bürgerkrieg bislang 11 000 Menschen ums Leben gekommen sind. Präsident Baschar al-Assad geht seit einem Jahr brutal gegen eine Protestbewegung vor, die als Teil des arabischen Frühlings begann. Die USA fordern seinen Rücktritt, Wirtschaftssanktionen haben dieses Ziel bislang verfehlt.
Kritiker geißeln die neuen Pläne aber nicht nur als PR-Maßnahme im Wahlkampf. In Internetforen flammte auch die Debatte über den Einsatz von Überwachungstechnologien im eigenen Land wieder auf. Nicht alle Eingriffe in die Freiheit der US-Bürger, die nach den Terrorangriffen 2001 durchgesetzt wurden, gehen auf Obamas Vorgänger George W. Bush zurück. Der US-Präsident hat das Recht, selbst US-Bürger unter Terrorverdacht ohne Gerichtsverfahren unbegrenzt festhalten oder sogar töten zu lassen.