Er werde "jede Macht nutzen, die diesem Amt gegeben ist", um seine Mitbürger zum Handeln zu bewegen, sagte er vor Angehörigen der Getöteten. Nach dem ersten Schock beginnt in der Öffentlichkeit die Debatte um Konsequenzen. Waffenrechtler halten sich bislang zurück.
„Ich bin mir sehr bewusst, dass Worte der Tiefe eures Schmerzes nicht entsprechen können“, sagte der Präsident in der voll besetzten Aula der Highschool von Newtown (US-Staat Connecticut). „Ich kann nur hoffen, dass es euch hilft, zu wissen, dass ihr in eurer Trauer nicht allein seid.“ Begleitet vom Schluchzen der Zuhörer erinnerte Obama namentlich an die Lehrerinnen, die beim Versuch ums Leben gekommen waren, ihre Schüler zu retten. Er dankte den Überlebenden für das Vorbild an Gemeinsinn, das sie der Nation gegeben hätten.
„Aber wir, als Nation, müssen uns einigen harten Fragen stellen“, sagte er. Obama erinnerte daran, dass es seit seinem Amtsantritt bereits vier Trauerveranstaltungen nach Amokläufen gegeben habe und dazwischen eine „endlose Reihe tödlicher Schießereien im ganzen Land“. Die Ursachen seien komplex, und kein Gesetzespaket könne das Böse aus der Welt schaffen. „Aber das kann keine Ausrede für Untätigkeit sein.“
Obama kündigte an, „von der Polizei über Psychologen bis zu Eltern und Lehrern“ alle in den Versuch einzubinden, weitere Massaker zu verhindern. Konkrete Maßnahmen ließ der Präsident offen; er endete, indem er die Vornamen der getöteten Kinder verlas.
Während Newtown weiter mit der Frage hadert, warum der 20-jährige Adam Lanza dort am Freitag seine Mutter, 20 Kinder, sechs Lehrer und schließlich sich selbst erschoss, bemühen sich die Verfechter schärferer Waffenkontrollen darum, eine Diskussion in Gang zu bringen. Connecticut hat vergleichsweise strenge Waffengesetze, aber der demokratische Gouverneur, Dan Malloy, sagte, sie seien offenbar nicht strikt genug gewesen, um zu verhindern, dass ein junger Mann seiner Mutter ein Sturmgewehr entwenden konnte. Man müsse fragen, ob sogenannte Assault Weapons (Sturmgewehre) in den USA weiterhin so vertrieben werden dürften wie bisher.
Von 1994 bis 2004 galt in den USA bereits einmal ein „Assault Weapons Ban“, der den Besitz halb automatischer Waffen einschränkte. Allerdings erfasste er keine Waffen, die vor 2004 hergestellt wurden. Auch Pistolen, deren Magazin in den Griff integriert ist, waren nicht betroffen. Einen Effekt nachzuweisen, gestaltete sich als schwierig, weil die meisten Tötungsdelikte mit anderen Waffen begangen werden. Bei Massakern wie jetzt in Newtown waren aber oft Sturmwaffen im Spiel. Die demokratische Senatorin Dianne Feinstein hat angekündigt, wieder eine entsprechende Gesetzesvorlage einzubringen, ihr Kollege Joe Lieberman sprach sich ebenfalls für eine Neuauflage aus, New Yorks parteiloser Bürgermeister Michael Bloomberg rief Obama dazu auf, seinen Worten Taten folgen zu lassen.
Von Verfechtern des Waffenrechts war bislang wenig zu hören. NBC-Moderator David Gregory sagte, er habe alle 31 in Frage kommenden Senatoren eingeladen, keiner sei zu einem TV-Interview bereit gewesen. Immerhin zeigte der republikanische Abgeordnete Louis Gohmert eine ganz besondere Sichtweise auf das Schulmassaker: „Ich wünschte mir bei Gott, die Rektorin hätte ein Sturmgewehr im Büro gehabt.“ Dann hätte sie nicht sterben müssen. Stattdessen hätte sie den Amokläufer „eliminieren können, sie hätte ihm den Kopf wegblasen können, bevor er die unschuldigen Kinder umbringt“, so Gohmert.
Diese Worte sind Programm der National Rifle Association NRA, der mächtigen Waffenlobby in den USA. Die 1871 gegründete NRA gilt unter Insidern in Washington als eine der mächtigsten Lobby-Organisationen des Landes. Allein im vergangenen Präsidentenwahlkampf hat sie nach Berechnungen der unabhängigen Forschungsgruppe Center for Responsive Politics alles in allem 17 Millionen Dollar (13 Millionen Euro) an Spenden investiert – für den Republikaner Mitt Romney. Romney machte denn auch im Wahlkampf brav seine Aufwartung bei der NRA und erschien zur Jahresversammlung.
Doch entscheidend für die Macht der NRA ist nicht das Geld, das fließt. Einen der mächtigsten Verbündeten haben die Waffenfreaks ausgerechnet in der Verfassung. Der „Second Amendment“, der zweite Verfassungszusatz, betont ausdrücklich das Recht der Amerikaner auf das Tragen von Waffen. Tatsächlich nennt sich die NRA auch „the nation's oldest civil rights organization“ – die „älteste Bürgerrechtsorganisation“ der USA.
Der republikanische Kongressabgeordnete Jason Chaffetz empfahl derweil, sich auf einen besseren Umgang mit psychisch Kranken zu konzentrieren. Und der Wirtschaftsexperte John Lott verwies darauf, dass fast alle Amokläufe mit hohen Opferzahlen dort stattgefunden hätten, wo Feuerwaffen verboten sind – etwa in Schulen. Waffenrechtler glauben, dass in einem Land, in dem ohnehin mehr als 250 Millionen Schusswaffen im Umlauf sind, nur ein Gleichgewicht des Schreckens helfen kann. Lott ist Autor eines Buches mit dem Titel „More Guns, Less Crimes“ (Mehr Schusswaffen, weniger Verbrechen). Mit Informationen von dpa/Foto: dpa