zurück
WASHINGTON
Obama und Netanjahu werden keine Freunde mehr
578808293       -  Distanziertes Verhältnis: US-Präsident Barack Obama hat Israels Premier im Weißen Haus empfangen. Der Atomdeal mit dem Iran birgt immer noch Konfliktpotenzial zwischen den beiden Staatsmännern.
Foto: Saul Loeb, Afp | Distanziertes Verhältnis: US-Präsident Barack Obama hat Israels Premier im Weißen Haus empfangen. Der Atomdeal mit dem Iran birgt immer noch Konfliktpotenzial zwischen den beiden Staatsmännern.
Dr. Jens Schmitz
Jens Schmitz
 |  aktualisiert: 19.11.2015 03:42 Uhr

Kein Lächeln, kein „lieber Benjamin“, kein „lieber Barack“: Ein Dreivierteljahr nach dem Zerwürfnis über den Atomdeal mit dem Iran hat US-Präsident Barack Obama Israels Premier Benjamin Netanjahu wieder im Weißen Haus empfangen. Die beiden werden keine Freunde mehr, haben aber eine drängende Agenda. Netanjahu will seine zweitägige Visite mit weiteren Auftritten zur Imagepflege nutzen.

Es hat im Oval Office schon zwanglosere Termine gegeben. Israels Premier rutscht auf seinem Lederstuhl hin und her, er weiß offenbar nicht, wohin mit seinen Händen. Die Begrüßungsworte Obamas begleitet er mit eifrigem Nicken, aber Obama blickt ihn dabei nicht einmal an. Immerhin, der US-Präsident sagt, was Netanjahu hören will: Er betont das Selbstverteidigungsrecht Israels und die Priorität der israelischen Sicherheit für seine Regierung. Beim Irandeal habe es „eine starke Meinungsverschiedenheit bezüglich dieses sehr engen Themas“ gegeben. Die Zusammenarbeit sei aber enger als irgendeine vergleichbare früher.

Dass Netanjahu sich bei seiner Antwort im Sessel verdreht, um Obama besser anschauen zu können, hilft ihm trotzdem nichts: Selten hat man den Commander in Chief beim Umgang mit Verbündeten so schmallippig gesehen.

Das Verhältnis der beiden Spitzenpolitiker gilt spätestens seit diesem März als zerrüttet. Damals hatte Netanjahu hinter dem Rücken Obamas einen Besuch im US-Kongress eingefädelt, um gegen den geplanten Irandeal Stimmung zu machen. Selbst konservative US-Amerikaner sahen darin einen Affront. Dass Netanjahu im israelischen Wahlkampf versprochen hat, es werde mit ihm keine Zwei-Staaten-Lösung geben, hat Washington ihm auch nicht verziehen.

Die aktuelle Visite sollte die Wogen glätten, aber sie steht unter keinem guten Stern: Vergangenen Mittwoch nominierte Netanjahu einen Westbank-Siedler für das Amt des Regierungssprechers. Wenig später wurde bekannt, dass Netanjahus Medienberater Ran Baratz dem US-Präsidenten auf seiner Facebook-Seite Antisemitismus unterstellt und Außenminister John Kerry die geistige Reife eines Zwölfjährigen bescheinigt hatte. Nach einer Entschuldigung seines Schützlings legte Netanjahu die Nominierung am Donnerstag erst mal auf Eis, zog sie aber auch nicht zurück.

Beide Regierungschefs haben ein Interesse daran, die verbleibenden Monate von Obamas Präsidentschaft mit Anstand zu Ende zu bringen. Der US-Präsident hat für den Irandeal sein Kapital bei israelfreundlichen Demokraten ausgereizt; er muss nun zeigen, dass er Jerusalem weiterhin unterstützt. Netanjahu wird daheim vorgeworfen, das Verhältnis zur Schutzmacht beschädigt zu haben. Er will nicht nur im Weißen Haus Porzellan kitten, sondern auch im Verhältnis zu US-amerikanischen Juden.

Welle der Gewalt

Die Hoffnung, in seiner Amtszeit einen Neuanfang zwischen Palästinensern und Israel zu erleben, hat Obama dabei aufgegeben. „Der Präsident ist zum Schluss gekommen, dass es ohne große Veränderung für die Beteiligten im Moment keine Möglichkeit gibt, über eine endgültige Lösung zu verhandeln“, sagte Nahost-Berater Rob Malley in einem Vorgespräch mit der Presse. Die aktuelle Welle der Gewalt soll nichtsdestotrotz eine Rolle spielen. Sicherheitsberater Ben Rhodes sagte, das Hauptaugenmerk werde ansonsten auf dem Iran, Syrien und der Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich liegen. Washington und Jerusalem verhandeln seit längerem über ein neues Abkommen, das die amerikanische Militärhilfe für Israel ausbauen könnte.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Jens Schmitz
Atompakte
Barack Obama
Benjamin Netanjahu
John Kerry
Kongress der Vereinigten Staaten
Premierminister
Weißes Haus
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen