Barack Obama hat auf seiner Afrika-Reise, zu der er am Freitagabend in Kenia eingetroffen ist, einen schwierigen Spagat zu bewältigen: In Nairobi richtet der US-Präsident gemeinsam mit seinem kenianischen Kollegen Uhuru Kenyatta den sechsten Global Entrepreneurship Gipfel aus, zu dem 1500 Wirtschaftsführungskräfte erwartet werden.
Das Dorf Kogelo, in dem Obamas Vater gelebt hat, hat sich vergeblich Hoffnungen auf einen zweiten präsidialen Besuch nach 2009 gemacht; Obamas Zeitplan ist straff. Nach Kenia wird der hohe Gast in Addis Abeba erwartet, wo die Afrikanische Union ihr Hauptquartier hat.
Menschenrechtler kritisieren den ersten US-Besuch eines amtierenden Präsidenten in Äthiopien. Doch Obama will nicht nur helfen: Wirtschaftlich droht China, den USA in Afrika zu enteilen. Auch persönlich will der Präsident auf dem schwarzen Kontinent mehr Erfolge landen. Seine bisherige Bilanz dort ist mäßig, das liegt allerdings auch an erschwerten Bedingungen.
In Afrika löste die Wahl des ersten schwarzen US-Präsidenten 2008 große Hoffnungen aus, und zunächst sah es aus, als wolle er diesen Einfluss nutzen: „Afrika braucht keine starken Männer, es braucht starke Institutionen“, sagte er 2009 vor dem Parlament von Ghana. Dann versank er in Krisen und ließ sich vier Jahre lang nicht mehr blicken. Erst 2013 fand er den Weg nach Südafrika, Senegal und Tansania.
„Ehrlich gesagt ist Afrika ein Ort, dem wir bislang noch nicht viel präsidentielle Zeit und Aufmerksamkeit widmen konnten“, gestand Vizesicherheitsberater Ben Rhodes damals. Das lag auch am Geld. Obamas Vorgänger George W. Bush hatte nach den Terrorattacken vom 11. September 2001 im Kongress nahezu freie Hand; das nutzte er für millionenschwere Hilfsprogramme. Barack Obama war bei solchen Initiativen starken Einschränkungen unterworfen. In seiner Regierungszeit erließ der Kongress drastische Sparmaßnahmen, erzwang einen Verwaltungsnotstand und führte die US-Regierung beinahe in die Zahlungsunfähigkeit.
Die Entwicklungs- und Anti-Aids-Projekte seines Vorgängers hat Obama zwar weitergeführt, und in der Ebola-Krise 2014 schickte er 3000 Soldaten nach Liberia, um Notfall-Krankenhäuser zu errichten. Ansonsten hat seine Afrika-Politik aber abseits der traditionellen Hilfeleistungen stattgefunden.
Der aktuelle Besuch soll an den ersten US-afrikanischen Führungsgipfel anknüpfen, zu dem Obama im vergangenen August 60 Regierungschefs nach Washington geladen hatte. Greifbarstes Ergebnis war ein Abkommen, das private Investitionen in die afrikanische Stromversorgung fördert. John Norris von der Denkfabrik Center for American Progress in Washington glaubt, dass solche Initiativen nachhaltiger helfen als konventionelle Geldspritzen; die Afrikanische Union habe das 2014 selbst zum Ausdruck gebracht. „Wenn Präsident Obama in Kenia landet, werden die Kenianer ihn nicht als Retter betrachten, sondern als Partner.“
Mit Friedensinitiativen war Obama nur mäßig erfolgreich, da ging es ihm nicht anders als seinen Vorgängern. Südlich der Sahara scheint die Lage zwischen Sudan und Südsudan so heillos wie in Somalia. In Kenia und Liberia bescheinigen Experten dem Weißen Haus immerhin einen heilsamen Einfluss. In Libyen beteiligte sich das US-Militär an der Vertreibung Gaddafis, doch anschließend stürzte das Land ins Chaos. Auch in Ägypten wurde Obama von der Eigendynamik des Arabischen Frühlings erwischt. Trotz hunderter Todesurteile gilt die Regierung von Abdel Fattah el-Sisi als unerlässlicher Partner im Kampf gegen den Terrorismus.
Der aktuelle Äthiopienbesuch ist umstritten, weil der Apparat von Premier Hailemariam Desalegn sowohl gegen Oppositionelle wie auch gegen Journalisten vorgeht. Nigeria dagegen, dessen 170 Millionen Einwohner gerade friedlich ihre Regierung gewechselt haben, erhielt schon zum dritten Mal einen Korb.
Addis Abeba ist nicht nur ein langjähriger Sicherheitspartner der USA, sondern auch Sitz des Hauptquartiers der Afrikanischen Union. Die Organisation entwickelt sich zunehmend zu einem stabilisierenden Faktor für den Kontinent. Außerdem hat Äthiopien beim Kampf gegen Armut, beim Wirtschaftswachstum, beim Umweltschutz sowie bei Bildung und Infrastruktur große Fortschritte gemacht. Befürworter der Reise wollen das nutzen, um die Bindung an den Westen zu festigen.
Zu Obamas eigenen Initiativen gehört ein Stiftungsprogramm für junge afrikanische Führungskräfte. Und während es schmerzt, dass China die USA 2009 als Afrikas größter Handelspartner überholte, hat das Weiße Haus dafür doch auch eine Erklärung parat: Man sei eben nicht nur an Rohstoffen interessiert, sondern auch daran, die afrikanische Leistungsfähigkeit zu steigern und nachhaltige Wirtschaftsbeziehungen zu entwickeln.
Treffen in Nairobi
Einem Wiedersehen von US-Präsident Barack Obama mit seiner aus Kenia stammenden Stiefgroßmutter steht offenbar nichts mehr im Weg. Sarah Obama reiste am Freitag aus dem Heimatdorf von Obamas Vater zum Treffen mit dem Weltpolitiker nach Nairobi, wie die Zeitung „The Standard“ berichtete. Ein Besuch im Dorf Kogelo ist während des straff durchgeplanten, zweitägigen Aufenthalts ihres Stiefenkels in Kenia nach Angaben aus Washington nicht geplant. Obamas Kenia-Reise erfüllt Kogelo und die umliegende Region dennoch mit Stolz und Freude. „Präsident Obama macht uns stolz, denn wenn man die Geschichte seines Vaters liest, erkennt man, dass ein heller Stern nicht vom Leuchten abgehalten werden kann, egal wie sehr man ihn zu verdecken versucht.“ Das sagte der Gouverneur des Bezirks Siaya, Cornel Rasanga, bei einer Willkommensfeier für Obama am Donnerstag. „Wir hoffen, dass diese Feiern mit der Ankunft unseres Sohns ihren Höhepunkt erreichen.“ Die Region am Viktoria-See im Westen des Landes erhoffe sich durch Obamas Besuch zugleich Aufschwung. „Unseren Sohn am Steuer des mächtigsten Landes der Welt zu haben, wird ohne Zweifel weiterhin viele Türen öffnen“, sagte Rasanga.
„Wer hätte gedacht, dass dieses Dorf in den Blickpunkt der Welt geraten würde?“ Die weltweite Aufmerksamkeit sei eine Chance für Investitionen, die dringend genutzt werden müssten. Die Region habe auch bei der Stromversorgung und der Kindersterblichkeit noch große Probleme. Mehr als jedes zehnte Kind stirbt dort, bevor es das fünfte Lebensjahr erreicht hat. Text: dpa