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WASHINGTON
NSA soll Google und Yahoo angezapft haben
Verbale Gegenoffensive: Bei einer Anhörung im US-Kongress verteidigen die US-Geheimdienstchefs (von links) NSA-Stellvertreter John Inglis, NSA-Chef Keith Alexander, der Nationale Geheimdienstdirektor James Clapper und der Vizejustizminister James Cole, ihre Spähprogramme.
Foto: AFP | Verbale Gegenoffensive: Bei einer Anhörung im US-Kongress verteidigen die US-Geheimdienstchefs (von links) NSA-Stellvertreter John Inglis, NSA-Chef Keith Alexander, der Nationale Geheimdienstdirektor James Clapper ...
Von unserem Korrespondenten JENS SCHMITZ
 |  aktualisiert: 30.10.2013 20:24 Uhr

Pünktlich zum Auftakt ihres Besuchs trifft die deutsche Geheimdienst-Delegation in Washington auf eine veränderte Lage: Der US-Auslandsdienst NSA bestreitet, in Europa millionenfach Telefondaten gesammelt zu haben. Die Europäer selbst stehen unter Spionageverdacht. Und aus dem EU-Parlament werden Vermutungen laut, dass das Mobiltelefon von Kanzlerin Angela Merkel gar nicht von den USA abgehört wurde.

Nach den mutmaßlichen Angriffen auf ihre Kommunikation hat die deutsche Regierungschefin hochrangige Mitarbeiter nach Washington entsandt. Sie sollen Möglichkeiten ausloten, mit den USA ein Abkommen über Grenzen der gegenseitigen Spionage abzuschließen. Die Deutschen wurden am Mittwoch im Weißen Haus zu Gesprächen mit der Sicherheitsberaterin Susan Rice und dem Nationalen Geheimdienstdirektor James Clapper erwartet.

Allerdings hatte sich die Diskussion da schon weitergedreht. Medienberichte über Datensammlungen seiner Agentur in Europa seien „komplett falsch“, sagte NSA-Direktor Keith Alexander bei einer Anhörung im Kongress. „Das sind keine Informationen, die wir über europäische Bürger gesammelt haben“, kommentierte er französische und spanische Medienberichte, in denen von millionenfachen Zugriffen die Rede gewesen war. Die Telefondaten seien von den verbündeten Geheimdiensten selbst gesammelt worden, und zwar in Kriegsgebieten und anderen Territorien außerhalb ihrer Grenzen. Sie hätten sie dann mit der NSA geteilt.

Die „Washington Post“ berichtete am Mittwoch, im Weißen Haus sei man sehr irritiert, dass die französische Regierung ihre eigene Beteiligung nicht eingestanden, sondern stattdessen gegen vermeintliche US-Aktivitäten protestiert habe. Der Text ruft auch die US-Kooperation mit dem Bundesnachrichtendienst in Erinnerung. Allerdings hat die Regierung in Berlin nach Berichten über Datensammlungen in Deutschland sehr zurückhaltend reagiert.

Alexander und Clapper, die zu der Anhörung gemeinsam mit NSA-Stellvertreter John Inglis und Vize-Justizminister James Cole erschienen, sagten, die Europäer spionierten auch gegen die USA. Die „Washington Post“ berichtete, eine versehentlich übermittelte Telefonliste habe 2008 den Verdacht geschürt, dass der Bundesnachrichtendienst auf US-Boden Spionage betreibe.

Die „Zeit“ zitierte BND-Direktor Gerhard Schindler daraufhin mit den Worten: „Aus der deutschen Botschaft in Washington wird keine Fernmelde-Aufklärung durchgeführt.“ Nicht gefragt wurde er offenbar nach anderen deutschen Einrichtungen wie dem Bundeswehrkommando in Reston, Virginia. Dort wird auch ein Fernmeldezentrum unterhalten. Weder vom BND noch von der Botschaft in Washington war dazu gestern ein Kommentar zu erhalten.

Als gebe es der Wendungen nicht genug, meldete die „Washington Post“ am Abend, der US-Geheimdienst NSA habe sich weltweit heimlich in die Leitungen von Rechenzentren der Internetanbieter Google und Yahoo eingeklinkt. Auf diese Weise sei die Spionagebehörde in der Lage, die Daten von Hunderten Millionen Nutzerkonten abzugreifen, darunter auch von Amerikanern. Sie berief sich auf Dokumente des Informanten Edward Snowden. Die betroffenen Firmen hätten überrascht auf die Vorwürfe reagiert.

Den NSA-Papieren zufolge schicke die Behörde täglich Daten von internen Google- und Yahoo-Netzwerken in Datenzentren beim NSA-Hauptquartier. Dabei habe es sich um Absender- und Empfängerdaten bis hin zu Inhalten wie Text, Tonaufnahmen und Videos gehandelt, schreibt die Zeitung.

Die NSA betreibe gemeinsam mit dem britischen GCHQ ein „ungewöhnlich aggressives“ Werkzeug mit dem Namen „Muscular“, dass die Daten erschließe. Es unterscheide sich von einem Geheimgericht genehmigten Spähprogramm „Prism“, dass den US-Behörden direkten Zugang zur Internetkommunikation über verschiedene Anbieter ermögliche. Mit Informationen von dpa

 
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