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BERLIN
Notausgang Selbstanzeige
(afp/dpa)
 |  aktualisiert: 11.12.2019 19:34 Uhr

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will es Steuerbetrügern schwerer machen, sich durch eine Selbstanzeige vor Bestrafung zu schützen. Nach dem Steuerurteil gegen Uli Hoeneß kündigte Schäuble in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ strengere Regeln für die strafbefreiende Selbstanzeige an. „Gemeinsam mit den Ländern wollen wir die Voraussetzungen für die Strafbefreiung weiter verschärfen“, sagte Schäuble.

Nach Schäubles Vorstellungen soll die Pauschalstrafe, die bei hinterzogenen Steuern von mehr als 50 000 Euro zu zahlen ist, noch einmal erhöht werden. „Dann wollen wir den Zeitraum verlängern, für den man in der Selbstanzeige alles offenlegen muss“, fügte Schäuble hinzu. „Und bei Einkünften aus dem Ausland wollen wir die Verjährungsfrist ausdehnen.“ Die Selbstanzeige als solche solle aber bestehen bleiben.

Der Gesetzgeber hatte die Voraussetzungen für die strafbefreiende Selbstanzeige vor drei Jahren schon einmal verschärft. Seither müssen alle hinterzogenen Steuern lückenlos deklariert werden, bei Beträgen von mehr als 50 000 Euro wird zudem ein Strafzuschlag von fünf Prozent fällig. Außerdem darf noch keine Steuerprüfung angekündigt sein.

Auch Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) bezeichnete die geltenden Regelungen als reformbedürftig. Bei der Straffreiheit handele es sich um ein „Privileg für Steuersünder“, das überprüft werden müsse, sagte Maas dem „Tagesspiegel am Sonntag“. NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) rechnet mit der Unterstützung der Länder für schärfere Vorschriften. Der bisher gültige Strafaufschlag von fünf Prozent sei zu wenig. Er sei dafür, dass es direkt vom ersten hinterzogenen Euro an einen Aufschlag von bis zu zehn Prozent geben müsse. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) äußerte sich ähnlich. Schärfere Regeln für die Selbstanzeige würden „unterstreichen, dass Steuerhinterziehung ein schweres Vergehen gegen die Allgemeinheit ist“, sagte er der „Welt am Sonntag“.

FDP-Präsidiumsmitglied Volker Wissing bezeichnete es hingegen als „befremdlich“, dass nun auch die Union für eine Verschärfung sei. Die Selbstanzeige habe sich bewährt, erklärte Wissing. Grünen-Chefin Simone Peter forderte neben schärferen Regeln bei der Selbstanzeige die Abschaffung des steuerlichen Bankgeheimnisses in Deutschland. Außerdem müsse der Bundesfinanzminister „mehr Druck auf die Schweiz ausüben“, um Steuersündern die Zuflucht zu verbauen.

Schäuble stellte in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ eine Vereinbarung mit der Schweiz zur Übermittlung von Kontodaten in Aussicht. „Der automatische Informationsaustausch wird kommen“, sagte Schäuble. „Das Bankgeheimnis hat in einer Welt der Globalisierung und Digitalisierung seine Funktion immer mehr verloren.“ Einer Umfrage zufolge ist eine Mehrheit der Bürger gegen die strafbefreiende Selbstanzeige. In einer Emnid-Erhebung für den „Focus“ sprachen sich 66 Prozent dafür aus, diese Möglichkeit abzuschaffen und alle Steuerhinterzieher vor Gericht zu verurteilen. 31 Prozent stimmten dafür, die bisherige Regelung beizubehalten.

Nicht nur Steuerhinterziehung, auch steuerfreie Zulagen kosten den Staat jährlich hohe Summen. Die Zulagen für höhere Angestellte verursachen jährlich einen Steuerausfall von bis zu 25 Milliarden Euro. Das berichtet die WDR-Sendung „die story“ am heutigen Montag. „Das ist ein gewaltiger Betrag, der in der Staatskasse fehlt“, sagte Thomas Eigenthaler, Vorsitzender der Deutschen Steuergewerkschaft, gegenüber dem WDR. Eigenthaler von der Deutschen Steuergewerkschaft hatte für den WDR auf Grundlage amtlicher Statistiken eine Abschätzung erarbeitet.

So beträgt der Anteil steuerbegünstigter geldwerter Vorteile laut dem Statistischen Bundesamt etwa fünf Prozent der Bruttolohn-Summe von 1,1 Billionen Euro im Jahr. Auch die Unternehmensberatung Aon Hewitt berechnete die Höhe der steuerfreien Zulagen im Rahmen einer Studie.

Bei einem Grundgehalt von 70 000 Euro brutto kämen häufig steuerbegünstigte Zulagen wie betriebliche Altersversorgung, Privatnutzung des Dienstwagens und die Kita hinzu, sagt der Vergütungsexperte von Aon Hewitt, Marco Reiners dem WDR, da komme man schnell auf jährlich 25 000 Euro, „also praktisch 2000 Euro pro Monat, die dem Mitarbeiter steuerfrei zur Verfügung“ stünden.

 
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