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MOSKAU
Noch immer sind nicht alle Opfer des Flugzeugabsturzes über der Ostukraine geborgen
Alltag an der Absturzstelle: Eine Frau schiebt ihr Fahrrad an einem Trümmerteil der abgestürzten malaysischen Boeing vorbei.
Foto: Bulent Kilic, afp | Alltag an der Absturzstelle: Eine Frau schiebt ihr Fahrrad an einem Trümmerteil der abgestürzten malaysischen Boeing vorbei.
reda
 |  aktualisiert: 19.10.2020 09:00 Uhr

Zum ersten Mal können größere Ermittler-Teams an der Absturzstelle der malaysischen Passagiermaschine in der Ostukraine trotz großer Gefahr weitgehend ungehindert arbeiten. Im Konfliktgebiet gehen aber die Kämpfe zwischen Regierungstruppen und prorussischen Separatisten weiter. Einige Fragen und Antworten zur Lage in dem Konfliktgebiet:

Wie lange brauchen die Ermittler an der Absturzstelle noch?

Die Experten stellen sich auf mehrere Tage ein. Noch immer fehlen zahlreiche Leichen der insgesamt 298 Opfer des Flugzeugabsturzes am 17. Juli. Der Großteil ist aber geborgen. Erst am Wochenende wurden wieder Leichen nach Charkow gebracht. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) teilt mit, dass die vereinbarte Waffenruhe halte. Erstmals überhaupt könnten größere Teams – vor allem Niederländer und Australier – dort arbeiten. Damit dürften auch die Ermittlungen zur Absturzursache vorangehen.

Wie stehen die Ermittlungen?

Bisher gibt es keine offiziellen Untersuchungsergebnisse. Eine internationale Untersuchungskommission wertet die Stimmenrekorder und Gespräche der Piloten mit der ukrainischen Flugüberwachung aus und begutachtet die Wrackteile. An den Trümmern soll es Spuren geben, die auf einen Raketenbeschuss hinweisen. Zudem sprechen die USA und Russland von Satellitenaufnahmen, die bei der Klärung der Schuldfrage helfen sollen.

Und die Schuldfrage? Sind nicht viele Beweise nach mehr als zwei Wochen jetzt zerstört?

Die Ukraine und die Separatisten haben sich immer wieder gegenseitig vorgeworfen, Beweise an der Absturzstelle vernichtet zu haben. Trotzdem richten sich die Hoffnungen auf eine Untersuchung der Wrackteile oder sogar möglicher Raketenreste, um die Schuldfrage zu klären. Die Ukraine beruft sich auf Geheimdienstinformationen, wonach Separatisten die Maschine mit einer Rakete abgeschossen hätten. Russland dagegen sieht die Schuld bei der Ukraine, weil der Luftraum über dem Kriegsgebiet nicht gesperrt gewesen war.

Wie ist die Lage im Konfliktgebiet?

Abseits der Bergungsarbeiten gehen die Kämpfe in den Regionen Lugansk und Donezk weiter. Es gibt immer mehr Tote und große Zerstörungen. Regierungstruppen berichten von zunehmenden Landgewinnen und einem baldigen Sieg. Die Separatisten dagegen sehen sich angesichts immer größerer Waffen des Militärs in der Defensive. Behörden sprechen von einer humanitären Katastrophe, weil vielerorts Wasser, Nahrungsmittel und Strom fehlen. Zehntausende Einwohner sind auf der Flucht.

Die Separatisten fordern von Russland militärisches Eingreifen – wird Kremlchef Wladimir Putin Streitkräfte einsetzen?

Russland hatte zuletzt nicht mehr gedroht mit einem direkten Eingreifen. In Moskau demonstrierten am Wochenende aber Hunderte Menschen für einen Einmarsch. Vor allem auch Ultranationalisten und Geistliche, die eine Machtstütze für Kremlchef Wladimir Putin sind, plädieren offen für einen „Krieg zur Rettung der russischen Welt samt ihrer Sprache und Kultur“.

Beeindrucken denn die Sanktionen den russischen Präsidenten Wladimir Putin?

Die Russen räumen wirtschaftliche Schäden ein. Aber hier geht es aus ihrer Sicht um Opfer für die russische Geschichte. Wladimir Putin werde sich nicht den Sanktionen beugen, meint der Politologe Dmitri Trenin. „Er weiß auch, dass sich der Druck nur verstärken wird, wenn er nachgibt“, sagt er.

Sendepause für Putin-Kritiker

Eine Fernsehshow, die als die letzte unabhängige Sendung im russischen Fernsehen galt, ist abgesetzt worden. Die wöchentliche Politiksendung sei überraschend vom Fernsehsender Ren TV ohne Angabe von Gründen aus dem Programm genommen worden, sagen Mitarbeiter. Ren TV ist der letzte landesweite Fernsehsender Russlands, der als weitgehend unabhängig gilt. Die Sendung war eines seiner Aushängeschilder. Die Moderatorin wagte es, Dissidenten und Kreml-Kritiker wie Michail Chodorkowski zu interviewen.

In der Ukraine-Krise verschärfte sich der Druck auf unabhängige Medien aber noch einmal. Text: afp

 
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