Für die Beschreibung von Erbgut-Reparatursets erhalten drei Forscher aus Schweden, den USA und der Türkei den Chemie-Nobelpreis. Tomas Lindahl, Paul Modrich und Aziz Sancar hätten fundamentale Erkenntnisse etwa für die Suche nach Krebsmedikamenten geliefert, gab die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften am Mittwoch in Stockholm bekannt. Die höchste Auszeichnung für Chemiker ist mit umgerechnet rund 855 000 Euro dotiert.
Das Erbgut in den Milliarden Zellen unseres Körpers wird fortwährend beschädigt – durch UV-Licht zum Beispiel, freie Radikale oder krebserregende Substanzen in unserem Essen. Und selbst ohne solche Attacken von außen ist die DNA grundsätzlich ein instabiles Gebilde, trotz ihrer immensen Bedeutung: Sämtliche Informationen zur Funktion und zum Aussehen eines Lebewesens sind in ihr gespeichert.
Schäden an der DNA
Beim Menschen sind es 23 väterliche und 23 mütterliche Erbgutabschnitte, die in der befruchteten Eizelle zusammenfinden. Aus dieser etwa zwei Meter langen Basis-DNA entsteht in etlichen Milliarden Zellteilungen eine immense Menge Erbmaterial, das aneinandergefügt rund 250 Mal zur Sonne und wieder zurückreichen würde. Das verdeutlicht: Unzählige Male im Laufe eines Lebens wird unsere DNA verdoppelt und weitergegeben und doch ähnelt die letzte Version beeindruckend genau der am Anfang unseres Lebens.
Das ist von extremer Bedeutung für unsere Gesundheit und unser Überleben. „Schäden an DNA können sehr ernsthafte Folgen haben“, sagte Nobel-Juror Claes Gustafsson. Sie spielen beim Altern eine Rolle und bei Erbgutkrankheiten, vor allem aber können sie Krebs verursachen. Das passiert immer dann, wenn Schäden am Erbgut dazu führen, dass sich die betroffene Zelle unkontrolliert zu vermehren beginnt.
Zum Glück für alle Lebewesen dieser Welt sind die Zellen der Zerstörung nicht hilflos ausgeliefert. „Tomas Lindahl spekulierte, dass es ein Reparatur-System geben muss, und machte sich auf die Suche. Und er fand tatsächlich eines“, erklärte Gustafsson. Auch Modrich und Sancar waren Pioniere auf dem Gebiet, solche Mechanismen zu beschreiben. „Es sind sehr frühe Entdeckungen, die das Forschungsfeld geöffnet haben.“
Zweiter Nobelpreis für Türkei
Der Schwede Lindahl entdeckte, dass es in den Zellen eine Art Werkstatt speziell für das Erbgut gibt. 1974 beschrieb er die grundsätzliche Funktionsweise der Basen-Exzisions-Reparatur.
Nach Orhan Pamuk (Literaturnobelpreis 2006) ist Sancar der zweite türkische Staatsbürger, der einen Nobelpreis erhält und der erste im Bereich Chemie. Der 1946 im anatolischen Savur geborene US-Forscher hat nach Angaben der Zeitung „Hürriyet“ sieben Geschwister. Seine Eltern seien Analphabeten, hätten jedoch viel Wert auf die Bildung ihrer Kinder gelegt.