Nach der Angriffsserie rund um die Stadt Baga im Nordosten Nigerias hat die nigerianische Armee um Unterstützung im Kampf gegen die islamistische Rebellengruppe Boko Haram gebeten. Die Offensive müsse „wohlmeinende Menschen auf der ganzen Welt“ davon überzeugen, dass Boko Haram „das Böse“ sei, erklärte Armeesprecher Chris Olukolade am Samstagabend. Nun müssten „alle“ zusammenarbeiten, um die Gewaltserie zu beenden, statt die Gegner von Boko Haram zu „verunglimpfen“.
Boko-Haram-Kämpfer hatten bei einer Offensive seit Anfang Januar 16 Ortschaften im Nordosten Nigerias vollständig zerstört, darunter das wichtige Handelszentrum Baga. Mindestens 20 000 Menschen wurden in die Flucht getrieben. In Berichten war zudem von unzähligen Opfern die Rede, die Behörden nannten jedoch bislang keine konkreten Zahlen. Armeesprecher Olukolade erklärte, es sei wahrscheinlich berechtigt, von der bislang tödlichsten Angriffswelle der Islamistengruppe zu sprechen.
Boko Haram kämpft im mehrheitlich muslimischen Norden Nigerias für einen islamischen Staat. Bei Angriffen und Anschlägen der Gruppe auf Sicherheitskräfte, Behörden, Schulen und Kirchen sowie den Einsätzen der Sicherheitskräfte gegen Boko Haram wurden seit dem Jahr 2009 mehr als 13 000 Menschen getötet. Erst am Samstag hatte ein etwa zehn Jahre altes Mädchen bei einem Selbstmordanschlag auf einem Markt in Maiduguri mindestens 19 Menschen mit in den Tod gerissen.
Verbrechen gegen Menschlichkeit
Das nigerianische Militär steht massiv in der Kritik, weil es die Gewalt bislang nicht beenden konnte. Soldaten beklagten immer wieder einen Mangel an Waffen und Ausrüstung im Kampf gegen Boko Haram und weigerten sich deshalb, an Einsätzen gegen die Extremisten teilzunehmen. Armeesprecher Olukolade versicherte, dass das Militär Baga und andere betroffene Ortschaften „nicht aufgegeben“ habe. Um der Situation zu begegnen, würden zurzeit Konzepte, Truppen und Ausrüstung zusammengestellt.
Unterdessen hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) der Terrorgruppe Boko Haram vorgeworfen, mit ihrer gezielten Gewalt gegen Kinder und Jugendliche ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu begehen. „Rund 70 Prozent der 877 Zivilisten, die seit Januar 2014 von der islamistischen Sekte entführt wurden, sind Minderjährige. Auch die meisten Selbstmordattentäterinnen, die die Terrorgruppe seit Sommer 2014 einsetzt, sind zwischen 15 und 17 Jahre alte Mädchen“, erklärte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Sonntag in Göttingen.