Es sollte ein Befreiungsschlag für den Front National sein, dessen Chefin Marine Le Pen stolz dessen „Neugründung“ verkündet hat: Bei einer Mitgliederbefragung stimmten 81 Prozent für die Umbenennung von „Front“ in „Rassemblement National“, was man mit „Nationaler Zusammenschluss“ oder „Nationale Sammlungsbewegung“ übersetzen kann. Doch der erste Rückschlag kam schnell, der zeigt, wie schwierig es für Le Pen bleibt, neu Verbündete für eine Sammlungsbewegung zu finden.
Denn die Parteichefin schlug der Partei „Debout la France“ („Erhebe dich, Frankreich“) des konservativen EU-Gegners Nicolas Dupont-Aignan eine gemeinsame Liste für die Europa-Wahlen 2019 vor. Dupont-Aignan hatte sich Le Pen bei der Präsidentschaftswahl 2017 nach der ersten Runde angeschlossen – und dafür mit einer Austrittswelle bezahlt. Wohl um einen weiteren Imageschaden zu vermeiden, wies er nun die Offerte der Rechtspopulistin zurück: Politische Spielchen interessierten ihn nicht.
Es ist ein Misserfolg für Le Pen, die gerade neuen Elan für ihre Partei sucht. Zwar erzielte sie bei der Präsidentschaftswahl mit 34 Prozent der Stimmen ein Rekordergebnis für den Front National. Doch weil sie bei der entscheidenden TV-Debatte gegen ihren Kontrahenten Emmanuel Macron die Nerven verlor und die selbst geschürten Erwartungen nicht erfüllen konnte, wurde ihr Resultat als Scheitern wahrgenommen. In der Folge verlor sie ihren wichtigsten Berater, Florian Philippot, der ein klares Bekenntnis zum EU-Austritt Frankreichs gefordert hatte. Philippot macht ihr inzwischen Konkurrenz mit seiner eigenen Partei „Die Patrioten“. Dasselbe gilt für die konservativen Republikaner, die mit dem Hardliner Laurent Wauquiez nach rechts gerückt sind.
Dass es sich um einen echten Neuanfang des bisherigen Front National handeln soll, bezweifeln Beobachter. Zwar gehe es um einen „Bruch mit dem rechtsextremen Etikett“, erklärt der Politikforscher Nicolas Lebourg. „Aber es gibt keinen kulturellen oder programmatischen Wandel.“ Als Säulen blieben die Ablehnung von Einwanderung und einer multikulturellen Gesellschaft, und die Betonung von Autorität und Nationalismus.
Umstritten ist auch der neue Parteiname „Rassemblement national“, der mehrmals in der französischen Geschichte auftauchte. Bereits 1954 nannte sich eine rechtsradikale Partei so – und 1941 kollaborierte ein „Rassemblement national populaire“ mit den deutschen Nazis.