Der Betroffene selbst hat sich vorsorglich schon einmal distanziert. „Ich mag keinen Mythos um Papst Franziskus“, sagte Papst Franziskus vor etwa einem Jahr, als die öffentliche Begeisterung um seine Person schwindelerregende Höhen zu erreichen drohte.
Der unkonventionelle Jorge Mario Bergoglio zitierte damals auch Sigmund Freud, der festgestellt habe, dass sich hinter jeder Idealisierung auch eine Aggression verstecke. „Es scheint mir beleidigend zu sein, den Papst wie eine Art Superman oder Star darzustellen.“ Punkt. Das Machtwort war gesprochen. Wie es scheint, vergebens.
Der Angriff mit Samthandschuhen auf den Papst kommt an diesem Mittwoch in den Verkauf. Dann ist in Deutschland, Österreich und der Schweiz ein Hochglanzmagazin mit dem Titel „Mein Papst“ erhältlich. Das Heft wird vom Panini-Verlag herausgegeben, erscheint monatlich und dokumentiert in erster Linie fotografisch und mit kurzen Texten das Leben des Papstes sowie seine Umgebung.
Die Assoziation zu den legendären Panini-Fußballsammelbildchen führt nur bedingt in die Irre. Für die Macher des Blattes und der Bildchen geht es in erster Linie um die Popularität ihrer Objekte, heißen diese Mario Götze oder Jorge Mario Bergoglio. Das Heft, das zunächst in einer Auflage von 250 000 Exemplaren auf den Markt kommt, hat das ganz und gar unbarmherzige Ziel, verkauft zu werden.
Die erste Nummer widmet sich etwa der Wohnung des Papstes im vatikanischen Gästehaus Santa Marta: „So wohnt der Heilige Vater, bescheiden auf 50 Quadratmetern“, heißt es. Dokumentiert wird auch das „spannende Leben mit Franziskus Teil 1“. Bergoglios Nähe zu den Menschen, seine lockere Art, sein unkonventionelles Auftreten sind die Trümpfe in der Hand der acht-köpfigen Redaktion in Stuttgart.
Die bekommt die Inhalte über den Papst von der italienischen Ausgabe „Il mio Papa“, die seit einem Jahr in Italien vom Mondadori-Verlag und dessen Eigentümer Silvio Berlusconi aufgelegt wird. Das Zielpublikum sind Frauen über 40. Deshalb soll „Mein Papst“ im Kiosk auch bei den Frauenzeitschriften zu finden sein.
Die deutschsprachige Ausgabe hat 72 Seiten und kostet 1,80 Euro im Gegensatz zu den 50 Cent des italienischen Pendants. Reisetipps, Rezepte, der Gesundheitsteil sowie das Kreuzworträtsel werden in Deutschland produziert, der Rest von den Italienern übernommen.
Themenmangel befürchtet die Redaktion nicht. Die Welt um den Papst ist vielfältig und kurios: Demnächst geht es um das Papamobil und den vatikanischen Fuhrpark, später um den päpstlichen Hofschneider Lorenzo Gammarelli und die Schweizer Garde. Der deutsche Ableger des Panini-Verlags legt große Hoffnungen in die Publikation, die auch auf anderen Märkten Interesse weckt. In Polen und Brasilien soll das Heft demnächst erscheinen. Offenbar sind auch Ausgaben in Argentinien und in den USA geplant.
Obwohl Papst Franziskus sich wegen seines Plaudertons und der übergroßen Erwartungen an ihn zuletzt immer stärkerer Kritik erwehren muss, werden seine Worte und Gesten weiter mit großem Interesse verfolgt. „Das Heft lebt vom Papst als volksnahem, authentischen Menschen“, heißt es aus der Redaktion. Die Hoffnung in Stuttgart ist, dass der sich zumindest in Westeuropa und dem angelsächsischen Raum anbahnende Stimmungsumschwung noch auf sich warten lässt. Kirchenpolitische Fragen blendet die Redaktion aus. Diskussionen um die Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zu den Sakramenten oder Papst-Kommentare zu Katholiken, die sich „wie die Karnickel“ vermehren, müssen die Leserinnen von „Mein Papst“ nicht fürchten. Sie bekommen einen weichgezeichneten Pontifex, frei von Problemen. „Wir vermeiden alles, was eine Familie stören könnte“, sagt der Chefredakteur der italienischen Ausgabe, Aldo Vitali.
Die Publikation steht und fällt mit Papst Franziskus. Mit dem Ende seines Pontifikats, das der Papst kürzlich in einem Interview auf nicht länger als „vier, fünf Jahre“ bemaß, soll auch „Mein Papst“ eingestellt werden.
Gründungswelle
Der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger macht eine Gründungswelle neuer Titel und auch neuer Verlage aus, die ihr spezielles Zielpublikum genau treffen und binden. Noch nie habe es so viele Titel gegeben wie heute – fast 50 Prozent mehr als noch 1997. „Diese Entwicklung zeigt sich gerade auch am Beispiel des neuen Papst-Magazins, das offensichtlich auf einen großen Bedarf trifft und den deutschen Zeitschriftenmarkt bereichert.“ Klebebildchen zum Sammeln, wie Panini sie zu Fußballmeisterschaften vertreibt, sind von Franziskus nicht in Planung. Text: dpa