Die Überprüfung aller 24 Lebertransplantationszentren in Deutschland durch die Prüfungskommission ist abgeschlossen. Die Ergebnisse legte die Kommission am Mittwoch vor – und erhob gleichzeitig neue Vorwürfe gegen vier Leberzentren.
Nach Kontrollen in den Unikliniken Göttingen, Leipzig, Münster und des Krankenhauses München Rechts der Isar sprach Anne-Gret Rinder, Vorsitzende der Prüfungskommission, von systematischen Falschaussagen zur Bevorzugung von Patienten auf der Warteliste. Die Kliniken in Göttingen, München und Leipzig waren bereits im Organspendenskandal des vergangenen Jahres aufgefallen. In Göttingen läuft seit einigen Wochen sogar ein Gerichtsprozess gegen den früheren Leiter des dortigen Zentrums.
Daneben berichten die Prüfer von Bundesärztekammer, Deutscher Krankenhausgesellschaft und GKV-Spitzenverband auch von Transplantationen, in denen Ärzten Flüchtigkeits- oder Dokumentationsfehler unterlaufen waren. Überprüft hatte die Kommission Verpflanzungen in den Jahren 2010 und 2011 in den 24 Leberzentren im Bundesgebiet. Anlass der Kontrollen war die neue gesetzliche Grundlage eines ausgeweiteten Kontrollsystems im Transplantationswesen nach dem Transplantationsskandal im vergangenen Sommer. Die Überprüfung anderer Organprogramme soll folgen. In den deutschen Lebertransplantationszentren waren im vergangenen Jahr insgesamt 1017 Lebern verpflanzt worden.
Besonders gelobt hatten die Prüfer das Lebertransplantationsprogramm des Uniklinikums Würzburg: Hier fand die Kontrolle wegen technischer Schwierigkeiten sogar ohne vorherige Benachrichtigung statt. Im Prüfungsbericht hebt die Kommission die Unterfranken besonders heraus: Bei der Überprüfung der einzelnen Krankenakten gab es keinerlei Anhaltspunkte für systematische Verstöße gegen die Richtlinien. Die Überprüfung von fünf Patienten, die im sogenannten beschleunigten Vermittlungsverfahren behandelt werden, verlief ohne Auffälligkeiten. In Würzburg sei des Weiteren festgestellt worden, dass Privatpatienten bei der Zuteilung von Organen nicht bevorzugt worden waren.
Der chirurgische Leiter des Lebertransplantationsprogramms am Uniklinikum Würzburg, Professor Ingo Klein, freut sich über das Lob der Prüfungskommission. Die Ärzte in Würzburg hätten sich besonders strengen Richtlinien und transparentem Vorgehen verpflichtet. Trotzdem seien die schwerwiegenden Verstöße der vier Transplantationszentren alarmierend. Das beschädige den Ruf der ganzen Branche. Die Mehrheit der Transplantationsärzte arbeite ordentlich und gemäß der gesetzlichen Vorgaben.
Vor allem Patienten auf den Wartelisten sind nach den neuen Enthüllungen betroffen. „Das trifft unsere Patienten auf der Warteliste natürlich schwer“, so auch Klein. In Würzburg stehen 31 Patienten auf der Warteliste. Statistisch stirbt jeder Fünfte auf dieser Liste. Immerhin führten die unterfränkischen Ärzte im Lebertransplantationszentrum seit September 2011 rund 19 Verpflanzungen durch – und das durchgehend mit Erfolg.
Dennoch beobachten auch die Ärzte in Würzburg, dass immer weniger Spenderorgane zur Verfügung stehen. Die Zahl der Spender lag im ersten Halbjahr 2013 auf dem niedrigsten Niveau seit zehn Jahren. Von Januar bis Juni hatten nur 459 Menschen in Deutschland Organe nach dem Tod gespendet. 2010 zählten die Ärzte 648 Spender.