Zweifel an den versprochenen Einnahmen haben den Streit über die Pkw-Maut neu entfacht. Für Verwirrung sorgen zwei gegensätzliche Gutachten, die der ADAC und das Bundesverkehrsministerium in Auftrag gegeben hatten. Während die ADAC-Studie von einem Verlustgeschäft ausgeht, kommt eine Untersuchung der Zeppelin-Universität Friedrichshafen zu einem völlig anderen Ergebnis. Demnach könnten die Maut-Einnahmen sogar höher ausfallen, als vom Ministerium prognostiziert.
Minister Alexander Dobrindt (CSU) geht bisher von jährlichen Einnahmen in Höhe von rund vier Milliarden Euro aus. 524 Millionen Euro kommen nach Abzug der Betriebskosten (210 Millionen) und der Umwelt-Entlastung für abgasarme Autos (100 Millionen) von Fahrzeugen, die im Ausland zugelassen sind. 3,14 Milliarden Euro fließen von inländischen Pkw-Haltern in die Staatskasse. Ihnen wird das Geld über die Kfz-Steuer zurückerstattet.
Das neue Gutachten der Zeppelin-Universität für das Bundesverkehrsministerium erwartet nun sogar Einnahmen von bis zu 655 Millionen Euro, die für Straßeninvestitionen übrig bleiben. Ganz anders die Rechnung des ADAC: In der Studie des Autofahrerclubs heißt es, angesichts der Systemkosten entstehe bereits im laufenden Betrieb ein Defizit von 71 Millionen Euro im angestrebten Maut-Startjahr 2019. Das Minus könnte bis 2023 sogar auf 251 Millionen Euro steigen.
Die Verwirrung ist damit perfekt und Verkehrsminister Dobrindt erbost. Mit seiner „Anti-Maut-Polemik“ vertrete der ADAC nicht die Interessen der Autofahrer in Deutschland, sagte der CSU-Politiker unserer Zeitung. Die Maut sorge erstmals für Gerechtigkeit auf deutschen Straßen. „Jeder, der unsere Straßen nutzt, wird künftig einen angemessenen Beitrag zum Erhalt leisten.“ Für Halter besonders umweltfreundlicher Autos bringe die Maut sogar eine finanzielle Entlastung.
Der Koalitionspartner SPD verlangt nun Klarheit über den wirklichen Ertrag. „Die CSU-Maut darf nicht zum Selbstzweck werden“, sagte der SPD-Fraktionsvize im Bundestag, Sören Bartol. Jetzt müsse Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nachrechnen, ob es Zusatzeinnahmen gebe. Der SPD-Fraktionschef im Bayerischen Landtag, Markus Rinderspacher, sagte, die Maut erweise sich in der Realität als „Rohrkrepierer und Draufzahlgeschäft“.
Der Aufwand der Maut stehe in keinem Verhältnis zum Ertrag, betonte auch der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Anton Hofreiter. Fraktionsvize Oliver Kirscher forderte, wenn schon Kanzlerin Angela Merkel (CDU) kein Machtwort gegen den „Maut-Irrsinn“ spreche, müssten die SPD und ihr Kanzlerkandidat Martin Schulz die Straßengebühr in Bundesrat und Bundestag stoppen.
Mit Informationen von dpa