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WIEN
Neue Töne in Österreich
New Austrian Chancellor Christian Kern       -  Da ist er: Bundeskanzler Christian Kern soll die Große Koalition in Österreich wieder in Schwung bringen.Foto: Christian Bruna, dpa
Foto: A2800/_Christian Bruna (EPA) | Da ist er: Bundeskanzler Christian Kern soll die Große Koalition in Österreich wieder in Schwung bringen.Foto: Christian Bruna, dpa
Mariele Schulze-Berndt
 |  aktualisiert: 29.05.2016 03:29 Uhr

Es war seine letzte große Amtshandlung: Der österreichische Bundespräsident Heinz Fischer, SPÖ, hat gestern in Wien den neuen Bundeskanzler Christian Kern, SPÖ, vereidigt. In Kürze wählen die Österreicher einen neuen Bundespräsidenten – aber in der Stichwahl sind weder der Kandidat der SPÖ noch der konservativen ÖVP dabei. Die Parteien der Großen Koalition haben das höchste Amt im Staate bereits verloren.

Vor dem Hintergrund dieses Debakels kündigte Kern grundlegende Veränderungen an. Dem Politikstil seines zurückgetretenen Vorgängers Werner Faymann erteilte er bereits vor der Vereidigung eine klare Absage und versprach einen Neubeginn: „Wenn wir dieses Schauspiel weiter liefern, ein Schauspiel der Machtversessenheit und der Zukunftsvergessenheit, dann haben wir nur noch wenige Monate bis zum endgültigen Aufprall.

Wenige Monate, bis das Vertrauen und die Zustimmung der Bevölkerung endgültig verbraucht sind“, mahnte der 50-jährige bisherige Vorstandsvorsitzende der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) kurz vor der feierlichen Zeremonie.

Die Niederlage der früheren Volksparteien ÖVP und SPÖ im ersten Wahlgang der Bundespräsidentenwahl hat Kern davon überzeugt, dass eine bessere Zusammenarbeit in der Koalition nötig ist. „Wir werden unsere Hand ausstrecken, insbesondere gegenüber unserem Koalitionspartner“, sagte er.

Das österreichische Wahlvolk forderte von der Regierung schon lange Ergebnisse. Als diese ausblieben, wählten die Menschen die Populisten von der Freiheitlichen Partei (FPÖ). Kern indes hat offenbar begriffen, dass er die Wähler nur zurückgewinnen kann, wenn die rot-schwarze Koalition wieder richtig funktioniert.

Der neue Bundeskanzler kündigte an, Österreich zu einem „Vorzeigeland“ in Europa zu machen. Diesem Ziel sollen drei Punkte dienen: Zum Ersten ein neuer Stil im Umgang der Regierungsparteien untereinander. Zweitens solle eine kurzfristige Trendwende in der Beschäftigungs-, Steuer- und Bildungspolitik bis 2020 angesteuert werden. Drittens soll eine langfristige Perspektive für Österreichs Wirtschaft bis in die Zeit nach 2025 entwickelt werden.

Kern sagte, er habe sich bereits mit dem ÖVP-Vorsitzenden Reinhold Mitterlehner zusammengesetzt und „einen sehr, sehr positiven Eindruck“. Mitterlehners inhaltliche Wünsche, wie die Asylpolitik, die Deckelung der Mindestsicherung und die Förderung der Wirtschaft, seien zweifellos wichtig. In einem ersten Kommentar twitterte der ÖVP-Chef, er hoffe auf „gute Zusammenarbeit mit dem neuen SPÖ-Team“.

Kern appellierte an seine eigene Partei, die Sozialdemokratie: Sie müsse „die Fenster aufmachen und wir müssen frische Luft reinlassen,“ so der künftige SPÖ-Vorsitzende. Zur Zusammenarbeit mit den Freiheitlichen sagte der Bundeskanzler, er sei nicht bereit, Grundsätze dem Machterhalt zu opfern. Doch es sei sinnlos, Parteitagsbeschlüsse aufrechtzuerhalten, die die Realität nicht widerspiegelten. Dazu gehöre das Koalitionsverbot mit der FPÖ, das in Ländern und Gemeinden längst nicht mehr eingehalten werde. Ein neuer Kriterienkatalog soll Grundlage künftiger Koalitionen werden. Kern versprach, für zehn Jahre zur Verfügung zu stehen. Sein Team soll seinen Worten nach „die Anschlussfähigkeit gegenüber wichtigen gesellschaftlichen Gruppen beweisen“.

Vier enge Vertraute Faymanns wurden durch neue Köpfe ersetzt. So kommen der 48-jährige Steirer Europapolitiker Jörg Leichtfried als Infrastrukturminister und die Molekularbiologin Sonja Hammerschmidt als Bildungsministerin neu in die Regierung. Die 47-Jährige war bisher Vorsitzende der Hochschulrektorenkonferenz.

Die 37-jährige Juristin und Wiener Landtagsabgeordnete Muna Duzdar, deren Eltern aus Palästina nach Österreich eingewandert sind, wird als erste Muslimin Staatssekretärin für Integration im Kanzleramt. Schließlich wird der bisherige Chef der Vereinigten Bühnen, der 50-jährige Oberösterreicher Thomas Drozda, als Kultur- und Kanzleramtsminister die rechte Hand des neuen Kanzlers.

 
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