Das Weiße Haus hat der Bundesregierung laut einem Medienbericht selbst die Entscheidung überlassen, ob sie die US-Spionagelisten deutschen Abgeordneten zugänglich macht. Die „Zeit“ berichtete unter Berufung auf ungenannte Mitarbeiter der US-Regierung, die Regierung von US-Präsident Barack Obama habe der Bundesregierung nicht untersagt, Parlamentariern die Listen zur Einsicht vorzulegen. Das Weiße Haus habe zwar Bedenken geäußert, die letzte Entscheidung aber Berlin überlassen. Die Bundesregierung wollte sich dazu nicht näher äußern. Linke und Grüne reagierten verärgert.
Die US-Regierung widerspricht laut dem Bericht auch der Behauptung deutscher Sicherheitskreise, die Amerikaner hätten bei einer Veröffentlichung der Selektorenlisten mit einer Einschränkung der Geheimdienstkooperation gedroht. Das sei „eine absolute Mär“, zitierte das Blatt einen Mitarbeiter der US-Regierung.
Der Bundesnachrichtendienst (BND) soll dem US-Geheimdienst NSA über Jahre geholfen haben, europäische Unternehmen und Politiker auszuforschen. Die NSA lieferte dem BND demnach für die Überwachung des Datenverkehrs in seiner Abhörstation in Bad Aibling viele Tausend Suchmerkmale (Selektoren) wie Telefonnummern oder IP-Adressen von Computern, die gegen deutsche und europäische Interessen verstießen. Diese fischte der BND nach und nach heraus. Der NSA-Untersuchungsausschuss hatte wochenlang mit dem Kanzleramt über eine Offenlegung der Listen mit den heiklen Selektoren gestritten. Die Bundesregierung hatte argumentiert, dies sei ohne Zustimmung der Amerikaner nicht möglich.
Anfang Juli wurde der frühere Bundesverwaltungsrichter Kurt Graulich als „Vertrauensperson“ eingesetzt, um die Listen zu sichten und dem Parlamentsgremium anschließend Bericht zu erstatten. Union und SPD hatten die Personalie Graulich im NSA-Ausschuss mit ihrer Mehrheit durchgesetzt – gegen den Willen der Opposition. Linke und Grüne kritisieren das Verfahren scharf. Sie wollen die Listen selbst einsehen und dies nun auf juristischem Weg erstreiten.
Regierungssprecher Steffen Seibert wollte nicht näher auf den „Zeit“-Bericht eingehen. Er berichte nicht aus vertraulichen Gesprächen mit der US-Seite, erklärte Seibert.