Kalt kann es im Osten der Ukraine im Winter werden, sehr kalt sogar. Tagestemperaturen von minus 20 bis minus 25 Grad sind in dem zweitgrößten Staat Europas keine Seltenheit – und das über Wochen hinweg. Diese arktische Kälte aber könnte den von der Bundesregierung angebotenen Einsatz von Aufklärungsdrohnen zur Überwachung des ukrainisch-russischen Grenzgebietes vor ungewöhnliche Probleme stellen. Denn die von der Bundeswehr genutzten Drohnen vom Typ „Luna“ sind im Winter nur schwer einsetzbar, bei Temperaturen von minus 19 Grad droht die sensible Technik einzufrieren, die Flieger müssen am Boden bleiben. „Wenn die Drohne vereist, stürzt sie ab“, sagt der Verteidigungsexperte der Union, Henning Otte.
„Keine Panne, sondern Physik“
Das Verteidigungsministerium bestätigte am Freitag die Probleme, wies aber die Darstellung entschieden zurück, dass es sich um eine „neue Panne“ („Bild“-Zeitung) handle. „Das ist keine Panne, sondern Physik“, sagte der Sprecher von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU), Jens Flosdorff. Die „Luna“ könne „nur bei bestimmten Wetterbedingungen eingesetzt werden“. Ein Kriterium sei dabei die Temperatur, ein anderes die Luftfeuchtigkeit. Dies sei aber kein rein deutsches Problem, sondern betreffe auch die Drohnen der Partner und Verbündeten.
Nach Angaben des Verteidigungsministeriums ist die von der Firma EMT im bayerischen Penzberg gebaute Aufklärungsdrohne seit 14 Jahren im Einsatz, bislang wurden mehr als 7000 Flüge im Kosovo, in Mazedonien und in Afghanistan absolviert – „im Sommer und im Winter“. Dabei wird nach den Worten Flosdorffs jeden Tag entschieden, „ob ein Einsatz möglich ist“. Für die Bundeswehr gebe es daher keinen Grund, das Angebot wegen der Kälteempfindlichkeit der Drohne zurückzunehmen. „Das Angebot hängt nicht vom Wetter ab.“
Anfang Oktober hatten die Außenminister von Frankreich und Deutschland, Laurent Fabius und Frank-Walter Steinmeier, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) offiziell angeboten, Drohnen zur Überwachung des Waffenstillstands in dem von prorussischen Separatisten besetzten Donezk-Becken im Osten der Ukraine zur Verfügung zu stellen. Die Bundeswehr könnte sich demnach mit zwei Drohnen an der Mission beteiligen, die Videos, Infrarotfilme und Standbilder in Echtzeit an eine Bodenstation liefern.
Nach Angaben des Auswärtigen Amtes hat die OSZE bislang allerdings noch nicht entschieden, ob sie dieses Angebot überhaupt annimmt. Denn das Verteidigungsministerium will zum Schutz der Drohnen und des technischen Personals auch eine „bewaffnete Begleitung der Betriebsmannschaft“ in die Ukraine entsenden. Die angespannte Sicherheitslage vor Ort mache eine „militärische Komponente“ nötig. Das allerdings lehnt die OSZE ab, da sie ausschließlich ein „ziviles Mandat“ habe.
Große Zweifel am Einsatz
Die Bundesregierung schließt daher nicht mehr aus, dass die OSZE das Angebot Deutschlands ablehnt. „Ich habe große Zweifel daran, ob es zu so einem Einsatz tatsächlich kommt“, sagte der Russland-Beauftragte der Regierung, Gernot Erler (SPD) am Freitag. Denn der Mission müssten nicht nur der Bundestag und das ukrainische Parlament zustimmen, das Sonntag in einer Woche neu gewählt wird, sondern auch alle 57 Mitgliedsstaaten der OSZE, darunter auch Russland.