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HANNOVER
Nachschlag im Prozess gegen Christian Wulff
In Hannover vor Gericht: Ex-Bundespräsident Christian Wulff.
Foto: dpa | In Hannover vor Gericht: Ex-Bundespräsident Christian Wulff.
Rudi Wais
Rudi Wais
 |  aktualisiert: 11.12.2019 15:23 Uhr

Seit mehr als einem Jahr reden Christian Wulff und Olaf Glaeseker nicht mehr miteinander – doch in Kürze werden sich der frühere Bundespräsident und sein langjähriger Vertrauter gleich zweimal vor Gericht wiedersehen. Nach dem gestrigen turbulenten Prozesstag in Hannover geht das erste Verfahren gegen ein ehemaliges Staatsoberhaupt in der Geschichte der Republik in eine neue Runde: Bereits kommende Woche soll Glaeseker im Prozess gegen seinen einstigen Mentor aussagen, für den 10. Februar ist Wulff dann als Zeuge im Korruptionsverfahren gegen seinen Ex-Sprecher Glaeseker als Zeuge geladen.

Eigentlich sieht an diesem Vormittag alles noch nach einem schnellen Ende aus. Frank Rosenow, der Vorsitzende Richter, hat schon vor Weihnachten durchblicken lassen, dass ihm die Beweise bisher zu dünn sind und er das Verfahren gerne abkürzen würde. Ob Glaeseker zur Sache selbst viel beisteuern kann, ist unklar – er war an jenem Wochenende im September 2008 in München nicht dabei, an dem der Filmunternehmer David Groenewold sich mit einer Einladung zum Oktoberfest und der Übernahme einer Hotelrechnung eine Gefälligkeit Wulffs erkauft haben soll.

Doch der zuletzt schwer in die Defensive geratene Oberstaatsanwalt Clemens Eimterbäumer verlässt den Gerichtssaal am Donnerstag mit einem zufriedenen Lächeln. Er hat mit neuen Beweisanträgen das schnelle Ende des Verfahrens verhindert. Eimterbäumer hat damit zumindest etwas Zeit gewonnen. Denn Glaeseker wird sich nicht mehr auf sein Recht berufen können, die Aussage zu verweigern. Alle denkbaren Vorwürfe in diesem Zusammenhang sind inzwischen verjährt – damit kann sich Glaeseker auch nicht mehr selbst belasten. Der vermeintlich letzte Zeuge im Prozess in Hannover ist gestern der Polizeibeamte Martin M. Bei seinen Ermittlungen ist ihm zwar früh der enge zeitliche Zusammenhang zwischen der Einladung zum Oktoberfest und einem Schreiben Wulffs an den damaligen Siemens-Chef Peter Löscher aufgefallen, in dem er den Konzernchef um Unterstützung für ein Filmprojekt seines Freundes bittet. Belege für eine konkrete Absprache zwischen Wulff und Groenewold aber, räumt M. ein, „hatten wir nicht“. Es gebe „kein handfestes Indiz“. Zwar hätten die Ermittler den Bittbrief Wulffs gefunden, allerdings hätten sie auch festgestellt, dass der Angeklagte schon lange vor dem Oktoberfest ein sehr persönliches Interesse an dem Film über den Siemens-Manager John Rabe gehabt habe, der während des Krieges Hunderttausende Chinesen vor den Angriffen der Japaner gerettet hatte.

Eimterbäumer hat eine Million Dateien auswerten lassen, 45 Bankkonten überprüft, Büros und Wohnungen durchsucht und 30 000 Seiten an Akten zusammengetragen. Es heißt, seine Ermittlungen hätten den Steuerzahler vier Millionen Euro gekostet. Bewiesen aber hat er Wulff bisher nichts.

 
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