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KAIRO
Nachhilfe in Demokratie? Nein, danke!
Von dpa-Korrespondentin Anne-Beatrice Clasmann
 |  aktualisiert: 06.02.2012 18:43 Uhr

Über der Kairoer Innenstadt hängt eine Tränengaswolke. In den Krankenhäusern liegen nach tagelangen Straßenkämpfen Dutzende von Verletzten. Da erstaunt es, dass die ägyptische Justiz keine drängenderen Fälle zu bearbeiten hat, als die Finanzierung von Demokratisierungsprojekten durch die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) und andere ausländische Nichtregierungsorganisationen zu verfolgen.

Nach Einschätzung unabhängiger Beobachter ist das Verfahren gegen die CDU-nahe Stiftung und acht weitere Organisationen ein Beleg dafür, dass in der ägyptischen Politik vieles beim Alten geblieben ist. Auch nach dem erzwungenen Abgang von Präsident Hosni Mubarak funktionieren die alten Strukturen immer noch wie in den 30 Jahren seiner Herrschaft. Militärhilfe aus den USA, deutsche Unterstützung beim Aufbau von Windparks – diese Art von Kooperation war und ist in Kairo stets willkommen. Doch wenn Ausländer ägyptische Bürger über Gewaltenteilung, effektive Wahlbeobachtung oder andere Fragen der Demokratie aufklären, schrillen in den Zirkeln der Macht die Alarmglocken.

Offiziell wurden die Angeklagten bisher nicht vorgeladen. Die Anklage gegen sie wurde allerdings am Montag erhoben. Die meisten Details zu dem Verfahren, das Ende Dezember mit Razzien in mehreren Büros in Kairo begonnen hatte, mussten die Betroffenen der ägyptischen Presse entnehmen. Zu den Anklagepunkten, die bisher durchgesickert sind, gehören „die Verwendung ausländischer Gelder, um die allgemeine Sicherheit zu destabilisieren, Gründung und Leitung einer Niederlassung einer ausländischen Organisation ohne Lizenz, illegale ausländische Finanzierung von Aktivitäten, die der ägyptischen Souveränität widersprechen“. Aus dem Kreis der Betroffenen heißt es dazu: „Das ganze Verfahren ist etwas undurchsichtig.“

Nach den bislang vorliegenden Informationen richtet sich die Klage gegen den Leiter des KAS-Büros, Andreas Jacobs, sowie eine weitere deutsche KAS-Mitarbeiterin. Ebenfalls betroffen sind nach Angaben aus Justizkreisen 19 US-Bürger, 14 Ägypter, drei Serben von der Organisation Otpor (Widerstand), ein Palästinenser, zwei Libanesen, ein Norweger und ein Jordanier. Die Amerikaner gehören den Organisationen Nationales Demokratisches Institut (NDI), Internationales Republikanisches Institut (IRI) und Freedom House an. Einige der betroffenen US-Bürger waren in den vergangenen Tagen daran gehindert worden, Ägypten zu verlassen.

In Washington ist man entsetzt. Und auch die Bundesregierung hat schon versucht, den Ägyptern klarzumachen, dass man in Berlin voll hinter den Mitarbeitern der Adenauer-Stiftung steht. Eine zentrale Rolle in diesem politisch brisanten Spektakel spielt die Ministerin für Planung und internationale Zusammenarbeit, Faisa Abu Al-Naga. Die streitbare Politikerin, die schon unter Mubarak im Kabinett saß, soll das Vertrauen des Obersten Militärrates genießen. Sie ging in der vergangenen Woche mit neuen Informationen über das Verfahren an die Presse und erklärte, die Regierung werde in dieser Angelegenheit keinen Rückzieher machen.

 
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