Nach dem Anschlag auf Europas Glühbirnen hat die EU-Kommission nun ein neues Ziel für die ökologische Revolution zwischen Wohnzimmer und Bad ausgesucht: Duschköpfe und Wasserhähne. Die Brüsseler Beamtenschaft leitete ein vertrauliches Arbeitspapier bereits an den zuständigen Ministerrat weiter. Sie will erreichen, dass ab 2014 nur noch ressourcenschonende Armaturen für Bad, Küche, Toilette und Garten im Handel zu finden sind.
Tatsächlich ist der durchschnittliche Wasserverbrauch in den Haushalten noch ein unentdecktes Reservoir für ökologische Regulierung. Schließlich bezog sich die sogenannte Öko-Design-Richtlinie von 2009 zunächst nur auf elektrische Geräte wie Fernseher, Geschirrspüler oder Lampen. Jetzt geht man in Brüssel einen Schritt weiter und will auch solche Geräte und Einrichtungen auf den Prüfstand stellen, die den Umgang mit natürlichen Ressourcen verbessern könnten.
In dem bislang unveröffentlichten Papier werden für 2013 neue Regulierungsvorschläge angekündigt: Neben den Duschköpfen und Wasserhähnen gehören vor allem Fenster, Stromkabel und sogar Kühlschränke für Wein dazu. Wer nach 2014 neu baut oder renoviert, soll bei allen Armaturen sowie der Verglasung der Gebäude nur noch auf EU-genehmigte Produkte zurückgreifen können.
„Muster an Planwirtschaft“
Da die grundlegende Richtlinie bereits beschlossen wurde, müssen die Auflagen für einzelne Produktgruppen nicht mehr das übliche Gesetzgebungsverfahren durchlaufen. Soll heißen: Die Beamten diktieren, das Europäische Parlament kann nur bei grundsätzlichen Verfahrensfehlern eingreifen. „Die Öko-Design-Richtlinie ist ein Musterstück aus Planwirtschaft und politischem Dirigismus“, beschwerte sich denn auch schon der FDP-Europa-Abgeordnete Holger Krahmer. Ausrichten wird er mit seinen Worten nichts.
Kritik am Vorgehen
Tatsächlich gelten veraltete Duschköpfe und Wasserhähne als umweltpolitischer Sündenfall. Bis zu 80 Liter des kostbaren Rohstoffes laufen in einer veralteten Dusche durch die Leitung, ehe der Durchschnittsbürger seine Körperhygiene beendet. Moderne Wasserspender sparen bis zu 50 Prozent Energie sowie kostbares Nass.
Der umweltschonende Aspekt wird von niemandem ernsthaft infrage gestellt, wohl aber das Vorgehen. Zwar hatte sich die EU bei ihrem Klimaschutzgipfel 2007 nicht nur auf Ziele zur Energieeinsparung verständigt, sondern eben auch auf einen behutsameren Umgang mit Rohstoffen. Die anfängliche Euphorie hat sich angesichts der Verbote von Glühbirnen und nicht zertifizierten Autoreifen jedoch längst gelegt. „Es wäre besser, wenn wir nicht von Brüssel aus bestimmen, was in Bad und Küche geschieht“, heißt es bei den Kritikern der derzeitigen Politik, die es auch in der Kommission gibt. „Solche Detailvorschriften sollten Sache der Mitgliedstaaten bleiben. Die EU braucht lediglich die Ziele vorzugeben.“
Doch davon wollen die, die den Europäern nun auch im Bad auf die Pelle rücken, nichts wissen. Sie haben angekündigt, mit den Vorarbeiten zu beginnen. Zuerst soll eine Studie über die erhofften Auswirkungen in Auftrag gegeben werden. Danach folgt der Gesetzentwurf. Der betrifft allerdings nicht nur Privatleute. Denn zu den Produktgruppen, die man im nächsten Schritt unbedingt ins Energiesparen einbeziehen will, gehören Großrechenanlagen von Unternehmen. Auch dort sollte man sich schon mal auf massive Auflagen gefasst machen.
Öko-Design-Richtlinie der EU
Ob Fernseher im Standby-Betrieb, energiesparende Kühlschränke oder Gefriertruhen der Effizienzklasse A – Ausgangspunkt ist die sogenannte Öko-Design-Richtlinie der EU, die in einer ersten Fassung 2005 beschlossen und 2009 ausgeweitet wurde. Das Ziel dieser Rahmenrichtlinie bestand darin, den „Lebenszyklus“ eines Elektrogeräts von der Produktion bis zur Entsorgung umweltschonend (Öko-Design) festzulegen.
Zunächst ging es dabei nur um solche Geräte, die Strom verbrauchen: Kühlschränke, Fernseher, Staubsauger, Straßenbeleuchtung oder Personal Computer. Die Auswahl der Produktgruppen erfolgt nicht zufällig. Jede Ware, die Strom verbraucht, von der mehr als 200 000 Stück in der EU verkauft werden, von der erhebliche Umweltauswirkungen ausgehen und die ein hohes Potenzial bei der Verbesserung der Umweltverträglichkeit aufweist, wurde einbezogen.
Standpunkt: Frische Dusche
Glühbirnen raus, neue Duschköpfe rein – die EU-Kommission macht vor nichts Halt! Doch die Kritik an dieser Gesetzgebung, der man Züge von Öko-Diktatur unterstellen kann, geht daneben. Es ist nämlich richtig, Politik konkret zu machen, anstatt bei unverbindlichen Leitsätzen stehen zu bleiben.
Brüssel zwingt die Hersteller zu ressourcenschonenden Produkten – wer sonst sollte das tun? Die Mitgliedstaaten alleine haben eine solche Umwälzung jedenfalls nicht zustande gebracht. Für einen gemeinsamen Markt mit 500 Millionen Verbrauchern in 27 Staaten ist eine Harmonisierung der Anforderungen sinnvoll und notwendig.