(dpa/rtr) Tausende Muslime haben in Deutschland am Wochenende gegen das Mohammed-Schmähvideo aus den USA mobil gemacht. Alleine in Dortmund zogen am Samstag 1500 Muslime friedlich durch die Innenstadt, in Karlsruhe waren es 300. Am Sonntag demonstrierten 1000 Menschen in Hannover. Auf Plakaten hieß es: „Nein zu Gewalt, Ja zu Toleranz“ oder „Nein zur Beleidigungs-Freiheit!“.
Auch Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) kritisierte die Gewalt im Namen der Religion. „Die größte Beleidigung für eine Religion ist es, in ihrem Namen Gewalt auszuüben“, sagte er der „Bild“-Zeitung. Die Bundesregierung will eine öffentliche Aufführung des Films, die die rechtspopulistische Splitterpartei „Pro Deutschland“ plant, verhindern. „So einen Film darf man nicht zeigen“, sagte Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel (FDP) dem Blatt. „Wir sollten nicht zusätzlich Öl ins Feuer gießen.“
Bundesaußenminister Guido Westerwelle wandte sich angesichts der teils gewaltsamen antiwestlichen Proteste in islamischen Staaten gegen die Veröffentlichung von Mohammed-Karikaturen in europäischen Satirezeitschriften. Zur Freiheit gehöre immer auch Verantwortung, sagte der FDP-Politiker der „Welt am Sonntag“. „Manchmal lautet die Frage nicht, ob man etwas tun darf. Sondern ob man etwas tun sollte.“ Meinungsfreiheit umfasse nicht das Recht, Andersgläubige oder Andersdenkende zu beleidigen und damit absichtsvoll den öffentlichen Frieden zu stören.
In Dortmund riefen die Demonstranten: „Respekt für alle Religionen. Stoppt den Film, stoppt den Spott!“ In einem Flugblatt forderten sie ein Gesetz, das das Verspotten und Schmähen von heiligen Symbolen aller Religionen untersagt. Einige Teilnehmer hielten Deutschlandfahnen hoch und zeigten Bilder, auf denen Muslime und Christen gemeinsam religiöse Schriften lesen. Männer und Frauen liefen in jeweils eigenen Demonstrationszügen. Bei der Demonstration in Hannover erklangen auch Lieder.
Der Film „Unschuld der Muslime“ stellt den islamischen Propheten Mohammed unter anderem als vertrottelten, lüsternen Bösewicht dar. Allein die Darstellung des Propheten als Mensch ist für strenggläubige Muslime anstößig.
Der Mordaufruf eines pakistanischen Regierungsmitglieds gegen den Macher des Schmähvideos sorgte am Wochenende zudem weltweit für Fassungslosigkeit. 100 000 Dollar Kopfgeld versprach Eisenbahnminister Ghulam Bilour von der Awami National-Partei (ANP) demjenigen, der den Verantwortlichen tötet. Laut Medienberichten bat er sogar die Taliban und das Terrornetzwerk Al-Kaida um Unterstützung. Es gebe keinen anderen Weg, um „Gotteslästerern“ Furcht einzuflößen, so Bilour.
Die Regierung in Islamabad und die ANP-Spitze reagierten schnell: Kaum waren Drohung und Kopfgeld-Angebot in der Welt, distanzierten sie sich vehement davon. Premierminister Raja Pervez Ashraf sagte am Sonntag, sein Kabinett habe mit der ganzen Sache nichts zu tun. „Das ist eine persönliche Äußerung, die nicht der Parteilinie entspricht“.
Todesdrohungen gegen Islamkritiker
Ein Minister in Pakistan hat nun ein Kopfgeld auf den Filmemacher des Schmähvideos ausgesetzt. Immer wieder haben Islamkritiker Todesdrohungen auf sich gezogen:
Salman Rushdie: Mit seinem Roman „Die satanischen Verse“ löst der Bestsellerautor unter Muslimen einen Sturm der Entrüstung aus. 1989 verhängt Irans Revolutionsführer Ajatollah Khomeini ein „Todesurteil“ gegen Rushdie und setzt ein Kopfgeld in Millionenhöhe aus.
Theo van Gogh: Der niederländische Film-Regisseur wird am 2. November 2004 in Amsterdam von einem radikalen Muslim auf offener Straße niedergeschossen. Mit einem Messer schneidet ihm sein Mörder die Kehle durch.
Kurt Westergaard: Der dänische Karikaturist wird 2005 durch eine Mohammed-Zeichnung weltweit bekannt, die den Propheten mit einer Bombe als Turban zeigt. Es kommt zu Protesten mit vielen Toten. Westergaard steht unter Polizeischutz. Text: dpa