
„Sollte ich Präsident werden, wird es die Muslimbruderschaft nicht mehr geben.“ Mit diesen Worten beendete Feldmarschall Abdel Fattah al-Sisi in einem vorab aufgezeichneten TV-Interview am Montagabend die Hoffnungen all derjenigen Ägypter, die bis zuletzt auf eine Annäherung von Islamisten und Regierung spekuliert hatten.
In seinem ersten Interview als Präsidentschaftskandidat überhaupt sagte der 59-Jährige, dass nicht nur er, sondern das gesamte ägyptische Volk eine Versöhnung mit den Muslimbrüdern ablehne. Als Staatsoberhaupt werde er die islamistische Organisation „auslöschen“.
Sisi führte im vergangenen Juli einen Armeeputsch gegen den unbeliebten islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi an. Diesem wird derzeit der Prozess wegen Hochverrats und Gewaltaufrufs gemacht. Sisi gilt längst als heimlicher Herrscher des Landes und geht als klarer Favorit in die Präsidentschaftswahl Ende Mai. Sein einziger Herausforderer Hamdin Sabbahi liegt bei Umfragen weit zurück.
Sisi machte klar, dass die Sicherheitskräfte unter seiner Führung noch härter gegen Terroristen vorgehen würden – ein Begriff, den die Regierung vermehrt auch auf unbewaffnete islamistische Demonstranten, säkulare Aktivisten und kritische Journalisten anwendet. Abgesehen von der Absage an eine politische Lösung des seit Monaten anhaltenden Konflikts bot der mit Spannung erwartete Auftritt Sisis inhaltlich wenig Neues. Der Präsidentschaftskandidat übernahm von Beginn weg die Kontrolle über das Interview und stutzte einen der Moderatoren zurecht, als dieser den Begriff „Militärherrschaft“ in den Mund nahm. Zumeist aber plätscherte das Gespräch zwischen Sisis Kindheit in einem traditionellen Kairoer Viertel und seinen Zukunftsambitionen: „Ich möchte wie Gamal Abdel Nasser sein“, verkündete der Ex-Armeechef mit Blick auf den im Volk bis heute beliebtesten Präsidenten des Landes, der ebenfalls ein erbitterter Gegner der Muslimbruderschaft war. Sisi offenbarte außerdem, dass angeblich bereits zwei Attentate gegen ihn geplant gewesen seien. Dies bereite ihm allerdings keine Angst, da er Gott vertraue.
Ägyptische Kommentatoren bejubelten gestern seine harte Haltung gegenüber der Muslimbruderschaft. Bemängelt wurde jedoch, dass Sisi sich zu oft in Allgemeinplätze flüchtete, anstatt Details seines Regierungsprogramms zu nennen.
Nach der ersten halben Stunde des Interviews fiel der Strom aus. „Gott sei Dank“, spottete ein Aktivist über Twitter. Die seit Monaten anhaltende Energiekrise – derzeit sitzen Millionen Ägypter täglich mehrere Stunden im Dunkeln – war eines der vielen Themen, zu dem Sisi keine Lösung anzubieten hatte.
Auch bei Problemen wie der hohen Arbeitslosigkeit, der steigenden Inflation oder dem taumelnden Gesundheitssystem blieb der Feldmarschall vage. Auf die Frage, wie lange es dauern werde, bis unter seiner Präsidentschaft eine positive Veränderung zu spüren sei, antwortete er, dass die Ägypter „kein Problem mit Geduld“ hätten.
Sisis Herausforderer Sabbahi hat seinerseits Korruptionsbekämpfung und soziale Gerechtigkeit ganz oben auf seine Wahlkampfagenda gesetzt.
Ermittlungen gegen Barack Obama
Der Generalstaatsanwalt von Ägypten hat ein Ermittlungsverfahren gegen US-Präsident Barack Obama und „mehrere europäische Verantwortliche“ eingeleitet. Wie aus Justizkreisen in Kairo bekanntwurde, geht es um angebliche „Spionageaktivitäten“.
Den westlichen Politikern wird demnach vorgeworfen, sie hätten Agenten damit beauftragt, „über die politische Lage in Ägypten vor der Präsidentenwahl zu berichten“. Angeblich sollten sie ihre Berichte an Geheimdienste in Deutschland, den USA, Israel und Großbritannien weiterleiten. Ob es in dem Verfahren zu einem Prozess kommen wird, ist noch offen.
Die Justiz des Landes wird von Menschenrechtsorganisationen scharf kritisiert. Text: DPA