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BERLIN
Mursi kommt nach Berlin
Von unserem Korrespondenten RUDI WAIS
 |  aktualisiert: 29.01.2013 19:47 Uhr

Um zu sehen, wie gelebte Meinungsfreiheit aussieht, muss Mohammed Mursi nur einen Blick aus seiner Limousine werfen. Wenn der ägyptische Präsident an diesem Mittwoch vom Berliner Flughafen ins Kanzleramt und ins Schloss Bellevue fährt, wird er bereits von Mitgliedern und Anhängern der Menschenrechtsorganisation Amnesty International erwartet. Mit drei Meter hohen Nofretete-Figuren, von denen die eine eine Gasmaske trägt und die andere einen blutigen Verband, wollen sie gegen die „exzessive und unverhältnismäßige“ Polizeigewalt in Ägypten protestieren. Nach den schweren Unruhen mit Dutzenden von Toten steht der 61-Jährige nicht nur innenpolitisch, sondern auch international unter großem Druck. Verteidigungsminister Fattah al-Sisi warnt bereits vor einem „Staatskollaps“.

Es ist ein Staatsbesuch der besonders heiklen Art, nachdem Mursi über mehrere große Städte des Landes gerade erst den Ausnahmezustand verhängt hat. Für Spekulationen, er könnte seinen Berlin-Besuch deshalb kurzfristig noch platzen lassen, gab es bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe allerdings keine Bestätigung. „Es wäre ein schwerer Fehler, den Gesprächsfaden jetzt auszudünnen“, sagt Außenminister Guido Westerwelle (FDP). Bei allen Zweifeln und aller Kritik an der ägyptischen Politik, argumentiert er, könne auch die Bundesregierung ihren Einfluss nur geltend machen, so lang sie mit Kairo im Dialog bleibe. Revolutionen verliefen schließlich „selten geradlinig, sondern häufig über Umwege und Rückschläge“.

Wie deutlich die Kanzlerin Angela Merkel (CDU), Bundespräsident Joachim Gauck und die Mitglieder des Auswärtigen Ausschusses in ihren Gesprächen mit Mursi werden, ist noch unklar. „Ich gehe davon aus, dass es nicht bei diplomatischem Geplänkel bleibt“, sagt der SPD-Außenpolitiker Günter Gloser. Der Abgeordnete aus Nürnberg kennt sich in den Ländern Nordafrikas und in der Arabischen Welt aus wie wenige Politiker sonst und wünscht sich zumindest „ein Zeichen“ von Mursi, dass es ihm ernst ist mit der Demokratisierung des Landes und er auch nicht am Friedensvertrag mit Israel rüttelt.

 
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