
Vor der Fußball-Europameisterschaft in Frankreich häuft sich die Bierwerbung im Fernsehen genau wie die an Litfaßsäulen. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler, dagegen findet, dass „Sport für Leistung steht und nicht für den Kasten Bier danach“. Eltern sollen für ihre Kinder gerade während der EM ein Vorbild sein und zu alkoholfreien Getränken greifen. Ihr Ziel ist es zudem, Alkoholprävention zu einem festen Bestandteil des Vereinslebens zu machen. Da mache sie auch in ihrem Heimat- und Bierbundesland Bayern keine Ausnahme. Am Donnerstag hat die CSU-Frau in Berlin den Drogen- und Suchtbericht 2016 veröffentlicht.
Das Rauschtrinken geht dem zufolge zurück. Der Anteil der Studienteilnehmer, die im Monat vor ihrer Befragung stark betrunken waren, ist zwischen 1995 und 2012 von knapp 34 Prozent auf 26,9 Prozent gesunken. Während 1989 Erwachsene im Schnitt 12,9 Prozent reinen Alkohol getrunken haben, sinkt die Zahl dem Bericht zufolge bis 2013 auf 9,7 Liter. Auch wenn der Alkoholverbrauch in Deutschland abnimmt, will Mortler weiter über die Folgen des Konsums aufklären. Jedes Jahr würden nach wie vor rund 15 000 Jugendliche mit einer Alkoholvergiftung ins Krankenhaus gebracht.
Mortlers Schwerpunkt in diesem Jahr ist die Computerspiel- und Onlinesucht. In Deutschland sind laut Report 560 000 Menschen im Alter von 14 bis 64 Jahren abhängig, deutlich mehr gefährdet. Wie die Drogenbeauftragte sagt, verlieren sich 1,2 Prozent der männlichen Befragten vor allem in der Welt der Computerspiele. 0,8 Prozent der Frauen würden überdurchschnittlich viel Zeit in den sozialen Medien verbringen. 16 Prozent der Neuntklässler spielen täglich 4,5 Stunden und länger und seien abhängig, hieß es weiter. Oft kämen mit der Sucht schlechte Noten und das Schulschwänzen, Schüler hätten Schlafprobleme oder litten an Depression. Wie bei jeder Form der Sucht rät Mortler betroffenen Eltern oder Lehrern, nicht nur warnend den Zeigefinger zu heben, sondern mit den Jugendlichen und Kindern zu reden, in schlimmeren Fällen zur Suchthilfe zu gehen. „Das neue Ziel wird ein maßvoller Umgang mit dem Medium Internet, also die Online-Offline-Balance sein.“
Weniger junge Raucher
Auch die jungen Raucher werden weniger: Rund ein Viertel der Deutschen greift nach Angaben des Suchtberichts zur Zigarette. Das sind in etwa so viele wie im vergangenen Jahr. Für die Drogenbeauftragte ist die Zahl immer noch zu hoch, trotz eines historischen Tiefstandes von acht Prozent der Zwölf- bis 17-Jährigen. Im Vorjahr waren es 9,7 Prozent. Sie will deshalb ein Tabakwerbeverbot durchsetzen: „Bei 120 000 Tabaktoten im Jahr hört der Spaß auf.“
Während die Debatte um die Legalisierung von Cannabis kaum kontroverser sein könnte, bezieht Mortler klar Stellung. Legalen Zugang werde es nur für die Medizin geben und auch dann nicht durch Eigenanbau. Mit den Kassen werde verhandelt, die Therapiekosten unter bestimmten Bedingungen zu übernehmen. Bei den 18 bis 25-Jährigen wird laut dem Drogen- und Suchtbericht Cannabis immer beliebter. 16,3 Prozent haben demnach schon einmal Marihuana oder Haschisch geraucht. 2015 seien in Deutschland rund 5,4 Tonnen Cannabis sichergestellt worden.