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MÜNCHEN
Mordprozess gegen Ex-Agenten
reda
 |  aktualisiert: 17.10.2014 19:15 Uhr

Sie erscheinen in perfekt sitzenden grauen Anzügen – weißes Hemd, farblich abgestimmte Krawatte. Das Blitzlichtgewitter der Fotografen vor Prozessbeginn lassen der ehemalige jugoslawische Geheimdienstchef Zdravko Mustac (72) und sein enger Mitarbeiter General Josip Perkovic (69) scheinbar ungerührt über sich ergehen. Als der Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichtes (OLG) München den Sitzungssaal betritt, stehen sie auf und verneigen sich fast ehrfürchtig vor den drei Richterinnen und drei Richtern.

Den adrett gekleideten Herren ist nicht anzusehen, dass sie die Drahtzieher eines Mordes an einem kroatischen Dissidenten in Deutschland sein könnten. Die Bundesanwaltschaft wirft ihnen vor, vor 31 Jahren die Erschießung von Stjepan Durekovic im oberbayerischen Wolfratshausen angeordnet zu haben.

Die Verlesung der Anklageschrift dauert eine Viertelstunde. Über Kopfhörer verfolgen die Angeklagten, wie ihnen die Vertreter der Bundesanwaltschaft vorwerfen, den Mord an dem prominenten Regimegegner in einer zur Druckerei umfunktionierten Garage befehligt und organisiert zu haben. Durekovic habe sterben müssen, weil er von den Verwicklungen des Sohnes des damaligen jugoslawischen Staatspräsidenten Mika Spiljak in illegale Geschäfte beim staatlichen Mineralölkonzern gewusst habe, halten sie ihnen vor.

Mustac soll die Ermordung Durekovics befehligt haben. Er war von 1982 bis 1985 Chef des kommunistischen jugoslawischen Geheimdienstes SDS. Perkovic war SDS-General. Der 69-Jährige soll die Mörder angeworben haben. Deren Identität steht laut Bundesanwaltschaft bis heute nicht sicher fest.

Wie es aussieht, werden die im Frühjahr nach langem politischen Tauziehen von Kroatien nach Deutschland ausgelieferten früheren Geheimdienstmänner im Prozess nichts zur Aufklärung des Mordes beitragen. Beide erklärten, dass sie weder Angaben zur Sache noch zur Person machen würden. Die Witwe des Opfers tritt als Nebenklägerin auf. Allerdings erscheint Gizela Durekovic nicht zum Prozessauftakt. Die gesundheitlich angeschlagene 83-Jährige will den Angeklagten, die die Ermordung ihres Mannes veranlasst haben sollen, nicht in die Augen schauen müssen. „Aber meine Mandantin ist froh, dass ihnen nach 31 Jahren endlich der Prozess gemacht wird“, sagt ihr Anwalt Markus Meißner.

Im Zuschauerraum wird überwiegend Kroatisch gesprochen. An die 70 Zuhörer verfolgen den Prozessauftakt, viele davon nach Deutschland emigrierte Kroaten. Laut Mijo Maric vom Beirat der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung sind zahlreiche Opfer des einstigen jugoslawischen Geheimdienstes darunter. Durekovic gehörte zu einer Gruppe führender jugoslawischer Dissidenten, die für ein unabhängiges Kroatien kämpften. Sein Tod reiht sich ein in eine Serie bis heute teils ungeklärter Morde an Exilkroaten.

Vor dem Münchner Strafjustizzentrum protestieren zwei Dutzend Kroaten. Sie halten ein Transparent mit der Aufschrift „Wir fordern Aufklärung über alle Morde an Kroaten in Deutschland“. Im Gerichtsgebäude soll an vorerst 50 Verhandlungstagen aber nur die Beteiligung der beiden vornehm auftretenden älteren Herren an der Ermordung von Stjepan Durekovic aufgeklärt werden.

 
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