Unter dem drohenden Schatten von Hurrikan Isaac hat in Florida die heiße Phase des US-Wahlkampfs begonnen. Während die Republikaner in Tampa mit einem Tag Verspätung ihren Nominierungsparteitag eröffneten, folgten die tobenden Luftmassen der Bahn des Jahrhundertsturms Katrina, der 2005 New Orleans verwüstet und mehr als 1800 Menschenleben ausgelöscht hatte.
Ausgerechnet in der Nacht auf Mittwoch, dem siebten Jahrestag der Katastrophe, traf Isaac auf Land. In Tampa stöhnen die Parteigranden beim Gedanken daran, dass ein Desaster die Wähler an das Versagen der damaligen Regierung Bush erinnern könnte. Ab wann wirken republikanische Feierbilder ungehörig? Muss Kandidat Mitt Romney womöglich zur Einheit mit dem Präsidenten aufrufen? Bange Fragen.
Mitt Romneys Frau Ann in ihrer Rede auf dem Parteitag
Gedämpft hatte der Konvent im riesigen Tampa Bay Times Forum denn auch begonnen, mit Solidaritätsadressen an potenzielle Hurrikanopfer weiter nördlich. Dann war es in der Arena selbst ein wenig stürmisch geworden: Unterstützer des libertären Parteiaußenseiters Ron Paul fühlten sich von Änderungen des Regelwerks benachteiligt. Für einen Moment lag die Ahnung eines Eklats in der Luft, dann ging das Programm aber problemlos weiter: Mit 2061 Delegiertenstimmen nahm Romney die Hürde zur offiziellen Kandidatur der Partei. Für Ron Paul wurden 190 Stimmen abgegeben, neun Abgeordnete votierten für Rick Santorum.
Der Enthusiasmus in der Halle stieg, während zunehmend prominente Redner auf der millionenteuren Hightech-Bühne zeigten, dass die Partei mehr kann, als die Mitte zu verschrecken. Sachlicher als in den Vorwahlen und durchsetzt mit wohlkalkulierter Anerkennung für die persönlichen Qualitäten des Präsidenten zerpflückten sie seine bürokratielastige Wirtschaftspolitik. Planlos, in Interessengruppen verstrickt, unbekümmert um das explodierende Defizit und rundweg hinderlich auf dem Weg zur ökonomischen Erholung: So porträtierten den Regierungschef nicht nur regulierungsgeplagte Unternehmer, sondern auch Gouverneure, die es geschafft haben, in ihren Bundesstaaten Steuern, Arbeitslosigkeit und Defizit zu senken.
Einer der größten Trümpfe der Regie war der schwarze Kongressabgeordnete Artur Davis, der 2008 noch als Demokrat für Obama eine Nominierungsrede gehalten hatte. Nun wandte sich der frischgebackene Republikaner an die Enttäuschten im Land: Kein Kandidat habe je schöner gesprochen als Obama, erinnerte er an 2008. Es sei aber nur das Benzin teurer geworden.
Senator Marco Rubio aus Florida, dessen Familie aus Kuba stammt, umwarb die Latinos, und New Jerseys Gouverneur Chris Christie hielt eine Keynote-Ansprache, in der er mehrfach den weiblichen Zuhörern schmeichelte. Er empfahl den USA, sich eher um Respekt zu bemühen als um Liebe – Liebe ohne Respekt sei vergänglich. Und er warb für einen Kandidaten, der als Wirtschaftsexperte und Ex-Gouverneur Respekt verdiene wie kaum ein anderer.
In der zentralen Rede des Abends hatte Mitt Romneys Frau Ann zuvor versucht, die Amerikaner ihren Mann doch vielleicht auch ein wenig lieben zu lernen. Dynamisch und gut gelaunt zog sie die Zuhörer von Beginn an in ihre Geschichte, die nicht von Politik handeln werde, sondern von Liebe und „diesem Jungen, den ich auf einer Tanzveranstaltung an der Schule getroffen habe“.
In einem eleganten Parforceritt führte sie ihr Publikum durch helles Lachen und Passagen, in denen das Stadion mäuschenstill lauschte. Sie widmete einen eigenen Abschnitt den Frauen im Land, lobte aber vor allem einen warmherzigen, humorvollen, selbstlosen Ehemann, der in allem, was er in seinem Leben angepackt habe, erfolgreich gewesen sei. Die Zuhörer müssten nicht mit jeder Position Mitt Romneys übereinstimmen, sagte sie. Aber niemand werde härter arbeiten als ihr Gatte: „Dieser Mann“, rief sie in den beginnenden Jubel, „wird nicht scheitern! Dieser Mann wird uns nicht enttäuschen!“
Es war eine Punktlandung, ein elektrisierender Auftritt, wie ihn der oft unbeholfen wirkende Romney bislang nicht zustande gebracht hat. Für einen kurzen Moment wurde das am Dienstag schmerzlich spürbar: Als der Kandidat am Ende der Rede überraschend die Bühne betrat, um seine Frau abzuholen, wirkte das wie ein kleiner Dämpfer. Wenn Hurrikan Isaac ihm keinen Strich durch die Rechnung macht, kann er den Eindruck bei seiner Grundsatzrede am Donnerstagabend (US-Zeit) korrigieren.