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Mit dem Zeichenstift im Gepäck
Reise-Illustrationen: Sebastian Lörscher fängt mit seinen Zeichnungen Emotionen aus fremden Ländern ein. Statt zu fotografieren oder zu filmen, erzählt er auf diese Weise kleine Geschichten aus einer anderen Welt.
Ein Nachmittag in Haiti: Wilson schneidet seinem Cousin Guy die Haare im Slum-Viertel Carrefour Feuilles in Port-au-Prince. Illustrationen: Sebastian Lörscher (www.sebastian-loerscher.de)
| Ein Nachmittag in Haiti: Wilson schneidet seinem Cousin Guy die Haare im Slum-Viertel Carrefour Feuilles in Port-au-Prince. Illustrationen: Sebastian Lörscher (www.sebastian-loerscher.de)
Von unserem Redaktionsmitglied Claudia Kneifel
 |  aktualisiert: 31.01.2014 21:08 Uhr

Sebastian Lörscher steht in Haitis Hauptstadt Port-au-Prince, umringt von einer Gruppe dunkelhäutiger Männer. Sie blicken auf seinen Zeichenblock. Blitzschnell skizziert der 28-Jährige eines der voll mit Menschen beladenen TapTaps. Die bunt bemalten Busse sind ganz typisch für die haitische Hauptstadt. Lörscher, 1985 in Paris geboren, aufgewachsen in Unterhaching bei München, hat schon als Kind gerne gezeichnet. „Mein Großvater hat mir viel beigebracht“, erzählt er.

Zwischen September 2012 und Februar 2013 verbrachte er fünf Monate in Haiti. „Ich lebte das Leben in der staubigen Millionenmetropole Port-au-Prince und streifte durch das Nirgendwo des ländlichen Umlands. Ich war dort, wo die Armen wohnen und da, wo die Reichen residieren, ich feierte Straßenpartys bei meinen Freunden im Slum und besuchte die weißen Sandstrände der Karibik.“

Zwischen 2006 und 2008 hat Lörscher an der Fachhochschule in Würzburg Kommunikationsdesign studiert. „Grillen im Sommer am Graf-Luckner-Weiher fand ich großartig. Ansonsten ist mir das Weggehen im Pleicher Hof in bester Erinnerung geblieben. Und Biertrinken bei Uschi im Käuzle“, erzählt er. Seinen Abschluss hat er 2013 an der renommierten Kunsthochschule Berlin Weißensee gemacht. „Haiti Chéri“ ist seine Abschlussarbeit: ein Buch über seine Reise, eine gezeichnete Reportage. Das Leben in der Hauptstadt Haitis: „Über zwei Millionen Menschen, staubige Hitze, dröhnender Verkehr, Arbeitslosigkeit und Demonstrationen, junge Philosophen und schöne Marktfrauen, die TapTaps, der Voodoo, die Kirchen, die Villen der Reichen, die Slums.“

Haiti hat 2010 traurige Schlagzeilen geschrieben. Am 12. Januar 2010 ereignete sich dort ein schweres Erdbeben. Über 300 000 Menschen starben, 310 000 Personen wurden verletzt und schätzungsweise 1,85 Millionen Menschen obdachlos. Warum Sebastian Lörscher dennoch dort leben wollte? „Ich wollte mich nützlich machen und zeichnen“, erzählt er. Über die Internetplattform couchsurfing.org nahm er Kontakt zu einer Schulleiterin auf. Sie vermittelte ihm ein Zimmer in einem Gästehaus und engagierte ihn als Englisch- und Zeichenlehrer an ihrer Schule. Ehrenamtlich.

„Ich tanzte auf Voodoo-Festen und beim Karneval und fieberte mit beim Hahnenkampf. Und überall dort, wo ich war, habe ich gezeichnet.“ Er verwendet Tuschestifte, Filzstifte, Buntstifte oder Aquarellfarben – je nach Lust und Laune und gerne in Kombination. „Ich werfe alles immer direkt aufs Papier und schaue, was dabei passiert. Das lässt oft Dinge entstehen, mit denen man vorher nicht rechnet.“ Haiti ist ein Land voller Gegensätze – voll von Wundern, Geheimnissen und kulturellem Reichtum, voll von bitterer Armut und Kriminalität. Bunt sind die Bilder von Sebastian Lörscher. Sie sprühen trotz der Armut vor Lebensfreude. 2011 reiste er einen Monat durch Indien und entdeckte die Reiseillustration. „Ich habe mich mit meinem Skizzenbuch auf die Straße gestellt und gezeichnet.“ Er stellte fest, dass zeichnen unverfänglicher ist, als fremde Menschen zu fotografieren. Man komme den Menschen so auch näher. Die Erlebnisse dieser Reise hat er als Comic verarbeitet: „Making Friends in Bangalore“ erscheint im März im Verlag Büchergilde Gutenberg.

Mit den großen Entdeckungsreisen am Ende des 15. Jahrhunderts drängen auch die Künstler zum Aufbruch. Sie reisen nicht mehr nur auf den alten Handwerker-Routen von einem Arbeitsort zum nächsten. Albrecht Dürers Fahrt nach Venedig 1505 zählt zu den Anfängen der Reiseillustration. Dürer traf dort die größten Renaissancemaler der venezianischen Schule: Tizian, Giorgione, Palma il Vecchio und Giovanni Bellini. Das Reisen beginnt, die Arbeitsweisen der Künstler und die Gestalt ihrer Werke zu verändern.

Das Reisen hat auch Sebastian Lörscher verändert: „Ich habe bei meinen Reisen viele großartige Erfahrungen gemacht, viel gesehen und viel von den Menschen der jeweiligen Länder gelernt. Grundsätzlich bin ich aber noch nie von irgendwo zurückgekommen und war ein anderer Mensch.“

Nachdenklich ist er geworden: „Je mehr man von der Welt sieht, desto mehr stellt man sich die Frage, warum sie so ist, wie sie ist und was gut und was weniger gut läuft.“ Viele kleine Dinge hat er aus anderen Ländern mitgenommen: „So erinnere ich mich gerne an den entspannten und unaufgeregten Lebensstil der Haitianer, wenn mir hier mal wieder die Arbeit über den Kopf wächst oder ich denke an die offene, herzliche Art der Inder, wenn ich mal wieder mit Scheuklappen durch die Straßen gehe.“

Lörschers nächste Reise geht in die österreichische Bergwelt. Ein Kontrastprogramm. Bis dahin arbeitet er als freier Illustrator, fertigt Zeichnungen für Magazine und Bücher. Sein intensivstes Erlebnis hatte er mit einem alten Straßenarbeiter in Indien, dem er ein Porträt von ihm geschenkt hat: „Ich habe noch nie eine so tiefe Dankbarkeit erlebt.“

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