Nach dem Rekord-Wahlsieg des alten und neuen Präsidenten Wladimir Putin haben internationale Beobachter einen Mangel an politischem Wettbewerb in Russland kritisiert. „Eine Auswahl ohne echten Wettbewerb ist leider keine echte Auswahl“, sagte etwa Michael Georg Link, Leiter der Beobachtermission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), in Moskau. Es habe zwar acht Kandidaten gegeben, jedoch keinen wirklichen Wahlkampf. Wladimir Putin habe sich allen Debatten entzogen, beklagte Link, der aus Heilbronn kommt. Es seien Fälle von Mehrfachabstimmung registriert worden, sagte zudem Jan Petersen von der OSZE – ohne Details zu nennen. In ihrer Mitteilung kritisierten die Beobachter Mängel bei der Transparenz der Wahl und bei der Wahrung des Wahlgeheimnisses. Die Legitimität der Wahl insgesamt zog die OSZE allerdings nicht in Zweifel.
Im Auftrag der OSZE hat auch der Bamberger SPD-Bundestagsabgeordnete Andreas Schwarz am Sonntag die russischen Präsidentschaftswahlen beobachtet. Im Interview berichtet er, dass er zwar von Verstößen gehört hat, ihm aber nichts derartiges aufgefallen ist.
Oppositionsnahe russische Wahlbeobachter warfen den Behörden dagegen sehr wohl Verstöße bei der Abstimmung ums Präsidentenamt am Sonntag vor. Die Beobachter-Organisation Golos berichtete auf ihrer Webseite, es seien landesweit rund 3000 Unregelmäßigkeiten registriert worden. Die Beobachter nannten Fälle von mehrfacher Stimmabgabe, fehlerhaften Wählerlisten und defekten Wahlurnen.
Wladimir Putin (65) bestimmt die russische Politik seit 18 Jahren. Von 2008 bis 2012 war er vorübergehend Regierungschef. Seine Einführung in die vierte Präsidenten-Amtszeit wird für Mai erwartet.
Andreas Schwarz: Ich habe mich nicht dafür beworben, sondern wurde von der SPD-Bundestagsfraktion gefragt.
Schwarz: Das, was ich beobachtet habe, war in Ordnung. In den Wahllokalen wurden die Grundsätze von demokratischen Wahlen eingehalten.
Schwarz: Ich war im Laufe des Tages in 14 Wahllokalen im Süden Moskaus unterwegs. Morgens um 7.30 Uhr war ich bei der Öffnung eines Wahllokales dabei und habe abends bei einer Auszählung ab 20 bis 22.30 Uhr teilgenommen. Tagsüber wurden die restlichen Wahllokale besucht.
Schwarz: Wir wurden an den beiden vorhergehenden Tagen von der OSZE gebrieft und hatten einen Fragebogen dabei, damit der Besuch immer nach den gleichen Kriterien abläuft.
Schwarz: Dabei ging es um Fragen, wie die Wahl organisiert ist – wie wird die Identität festgestellt und festgehalten? Sind Beobachter von Kandidaten und Nicht-Regierungs-Organisation im Raum? Passt die Ausstattung des Raumes? Macht eine Partei unerlaubt Wahlwerbung, wird die Meinung beeinflusst?
Schwarz: Ich habe von den gemeldeten Verstößen in Moskau gehört. Bei meinen Besuchen ist mir aber Derartiges nicht aufgefallen. Die Wahlvorsteher waren kooperativ und nett und haben alle Fragen beantwortet. Ich konnte einen transparenten Ablauf der Wahlen in den besuchten Wahllokalen erleben.
Schwarz: Wir wurden sehr gut unterstützt, hatten überall Zugang und die Fragen wurden ausreichend beantwortet.
Schwarz: In Russland findet wenig Wahlkampf statt – weder medial noch in den Straßen. Es sind kaum Plakate zu sehen, man fährt durch die Stadt und sieht kaum bis gar keine Kandidatenbilder. Wladimir Putin war bei keiner einzigen Fernsehdebatte dabei. Die Gegenkandidaten waren in der Gesellschaft umstritten, man traute den restlichen sieben Bewerbern wenig zu.
Schwarz: Putin wird von weiten Teilen der Gesellschaft als starker Präsident, der das Land führt, wahrgenommen. Dies zeigten viele Gespräche, die ich vor Ort führen konnte. Wahl-Programme spielen in der öffentlichen Diskussion keine Rolle.
Schwarz: Der Wahltag selbst wird wie ein kleiner Event im Stadtviertel gefeiert. Es gibt Musik vor den Wahllokalen, Kinderprogramm, kostenlos Tee und kleine Basare in den Wahllokalen. Da wird etwas geboten, um Freude und gute Stimmung zu verbreiten.
Schwarz: Nach den Standards der westlichen Welt bewegt sich Russland hoffentlich in die richtige Richtung. Im Vergleich zu den Wahlen von 2012 konnte die OSZE positive Entwicklungen erkennen. Unsere Aufgabe muss es sein, Russland mit viel Diplomatie partnerschaftlich auf diesem Weg zu begleiten. Für Deutschland und Europa muss es von starkem Interesse sein, zu Russland gute Beziehungen zu pflegen.