Längst sind die Hausdächer zu klein. Auf immer größeren Freiflächen entstehen in Deutschland immer größere und leistungsfähigere Photovoltaikanlagen, um sauberen und umweltfreundlichen Solarstrom zu erzeugen. Ende 2010 betrug die installierte Leistung rund 17,3 Gigawatt, womit 11 683 Gigawattstunden an elektrischer Energie erzeugt wurden – allein im Jahr 2011 wurde eine Leistung von rund 7,5 Gigawatt neu installiert.
Doch das rasante Wachstum hat seinen Preis: Weil die Betreiber von Solaranlagen dank des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) eine gesetzlich festgelegte Förderung für die Einspeisung ins Stromnetz erhalten, die auf die Strompreise umgelegt wird, werden die Verbraucher zur Kasse gebeten. Allein im vergangenen Jahr erhielten die Produzenten von Solarstrom rund acht Milliarden Euro, die Hälfte der gesamten Fördersumme von 17,6 Milliarden, obwohl sich der Anteil des Stroms aus der Sonne auf gerade einmal 3,7 Prozent an der Gesamtstrommenge beläuft.
Nach monatelangem Streit haben sich nun die für die Energiepolitik zuständigen Mitglieder der schwarz-gelben Regierung, FDP-Wirtschaftsminister Philipp Rösler und CDU-Umweltminister Norbert Röttgen, auf eine weitere deutliche Kürzung und stufenweise Reduzierung dieser Förderung geeinigt, die nach ihrem Willen schon zum 9. März in Kraft treten soll, um einen Last-Minute-Boom zu verhindern. Gleichzeitig legten sie eine Obergrenze fest, um den weiteren Zubau an Photovoltaikanlagen zu begrenzen.
„Eklatante Überförderung“
Er habe, rechtfertigte Umweltminister Röttgen die Einschnitte, von seinem Amtsvorgänger Sigmar Gabriel (SPD) eine „völlig verfehlte Subventionspolitik“ übernommen, beim Solarstrom habe es eine eklatante „Überförderung“ gegeben, die es schrittweise abzubauen gelte, damit der Ökostrom auch in Zukunft für die Verbraucher bezahlbar bleibe. Ziel sei es, langfristig gänzlich ohne Subventionen auszukommen. „Die Energiewende findet statt“, sagte Röttgen, „und zwar mit Erfolg.“
Auch nach den angestrebten Kürzungen, denen der Bundestag noch zustimmen muss, sei die Energiegewinnung aus dem Licht der Sonne eine „Erfolgsgeschichte“.
Eine Einigung erzielten Röttgen und Rösler auch bei ihrem Streit, wie die Energieeffizienz in der Europäischen Union bis zum Jahr 2020 um 20 Prozent gesteigert werden könne. Nach dem Willen der schwarz-gelben Regierung soll jedes Mitgliedsland wählen können, ob es entweder seinen Energieverbrauch um 4,5 Prozent innerhalb von drei Jahren senkt oder seine Energieeffizienz im gleichen Zeitraum um 6,3 steigert.
Kritik an Beschlüssen
Heftige Kritik an den Beschlüssen der Koalition übten die Oppositionsparteien sowie die Umweltverbände. „Die Bundesregierung opfert die Energiewende dem Koalitionsfrieden“, sagte Grünen-Fraktionschef. Der Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND), Hubert Weiger, nannte die Förderkürzung ein „Riesen-Fiasko für eine zukunftsfähige Energieversorgung“, mit der Photovoltaik drohe ein „wesentlicher Eckpfeiler der Energiewende abgewürgt“ zu werden.
Greenpeace-Energieexperte Sven Teske sagte, die Senkung der Einspeisevergütung komme „einem Installationsverbot für in Deutschland hergestellte Solaranlagen gleich“. Die Entscheidung gefährde Tausende Arbeitsplätze in mittelständischen Unternehmen.
Kritik kam aber auch den eigenen Reihen. Sowohl Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht als auch der Regierungschef von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff (beide CDU), lehnten die Kürzungen ab und warnten vor einem Schaden für die Solarstandorte in ihren Ländern.
Solarförderung
Die neuen Fördersätze sollen bereits ab 9. März gelten. Kürzungen: Strom aus kleinen Dachanlagen bis 10 Kilowatt erhält statt 24,43 nur noch 19,5 Cent je Kilowattstunde an Förderung. Anlagen bis 1000 Kilowatt bekommen 16,5 Cent. Große Freiflächenanlagen bis 10 Megawatt erhalten 13,5 Cent. Darüber hinaus soll es keine Förderung geben. Dachanlagen auf neu errichteten „Nichtwohngebäuden“ erhalten den Tarif wie bei Freiflächen, um eine Fehlsteuerung zu vermeiden – etwa das Errichten von Scheunen, nur um sie mit Modulen zu bestücken und so die hohe Hausdach-Vergütung zu bekommen. Regelmäßige Anpassungen: Angesichts der massiv fallenden Modulpreise und zur Vermeidung von „Schlussverkäufen“ vor Kürzungsstichtagen wird es ab Mai monatliche Kürzungen von 0,15 Cent je Kilowattstunde geben. Mengenbeschränkung: Bei kleinen Dachanlagen wird nur noch 85 Prozent des erzeugten Stroms vergütet; der Rest kann zum Eigenverbrauch genutzt werden. Der bisherige Eigenverbrauchsbonus entfällt aber. - Solarparks bekommen nur 90 Prozent des Stroms vergütet, den Rest müssen sie am Markt verkaufen. Damit soll der Solarstrom stärker an den Markt heran und vom Subventionsmodell weggeführt werden. Neue Ausbauziele: Es gibt zwar keine feste Deckelung der jährlichen Ausbaumenge, aber die Regierung will den Ausbau durch die Kürzungen auf 2500 bis 3500 Megawatt in diesem und im nächsten Jahr begrenzen. Ab 2014 soll der Ausbaukorridor um jährlich 400 Megawatt abgesenkt werden, also auf 2100 bis 3100 Megawatt. Bis 2017 liegt er bei 900 bis 1900 Megawatt. Werden mehr Anlagen gebaut, als im Zielkorridor festgelegt, kann bei der Förderung per Verordnung kurzfristig weiter gekürzt werden.
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