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BERLIN
Mindestlohn ohne Gesetz
Von unserem Korrespondenten Martin Ferber
 |  aktualisiert: 24.10.2013 19:38 Uhr

Der Mindestlohn wird kommen. Und an einer Stelle des Koalitionsvertrages zwischen CDU/CSU und SPD wird sich auch die konkrete Summe von 8,50 Euro pro Stunde finden müssen. Das ist sogar dem Wirtschaftsflügel der Union bewusst, der sich nach dem Ausscheiden der FDP aus dem Bundestag mehr denn je als die Stimme der Ordnungspolitik im Parlament versteht.

„Wir haben verstanden und wir akzeptieren, dass die SPD für ihre Mitgliederbefragung irgendwo die Zahl 8,50 Euro braucht“, sagt Christian von Stetten, der Vorsitzende des Parlamentskreises Mittelstand, dem 160 von 331 Mitgliedern der CDU/CSU-Fraktion angehören. Ohne diese Zahl, so der Abgeordnete, werde sich SPD-Chef Sigmar Gabriel erst gar nicht vor seine Mitglieder trauen. „Deswegen wird dies ein Thema sein, dem wir uns in den Koalitionsverhandlungen stellen müssen.“

Aus diesem Grund hört sich das Nein des Wirtschaftsflügels zum Mindestlohn bei weitem nicht so kategorisch an, wie es auf den ersten Blick klingt. „Wir lehnen einen flächendeckenden, von der Politik festgelegten Mindestlohn ab“, heißt es in einem Positionspapier. Christian von Stetten hat es mit seinem Fraktionskollegen Carsten Linnemann, dem Chef der Mittelstandsvereinigung der Union, und Kurt Lauk, dem Präsidenten des Wirtschaftsrates, präsentiert. Doch jenseits davon können sich die Wirtschaftspolitiker der Union viele Lösungen vorstellen.

So verweist der Paderborner Diplom-Volkswirt Linnemann auf den Parteitagsbeschluss, wonach sich die CDU für Lohnuntergrenzen ausspreche, die nach Branchen und Regionen differenziert sind und von den Tarifparteien ausgehandelt werden. „Wir sind für einen tariflichen Mindestlohn, nicht für einen politischen.“ Und auch Kurt Lauk kann mit Mindestlöhnen leben, die nicht von der Politik festgelegt werden – entweder von den Tarifparteien oder von einem unabhängigen, dem Einfluss der Politik entzogenen Gremium – „dann muss man es am Ende den drei Parteivorsitzenden überlassen, wie sie das regeln“.

Berichte, wonach sich Union und SPD schon vor der offiziellen Aufnahme der Koalitionsverhandlungen darauf geeinigt hätten, den Mindestlohn stufenweise einzuführen, wobei er in Ostdeutschland anfangs unter dem Niveau des Westens liegen soll, und erst zur Mitte der Legislaturperiode einen Stundenlohn von 8,50 Euro verbindlich festzuschreiben, werden sowohl von Unions- wie von SPD-Seite dementiert.

Gleichwohl wollen Beobachter nicht ausschließen, dass der neue Tarifvertrag für Friseure, der einen Mindestlohn von 7,50 Euro im Osten und 8,50 Euro im Westen vorschreibt, als Grundlage für die bevorstehenden Verhandlungen dient.

Als mögliche Alternative gilt das englische Modell, wonach eine unabhängige Kommission, bestehend aus Arbeitgebern, Gewerkschaften und Wissenschaftlern, den Mindestlohn festlegt.

 
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