Die Fotos zeigen Szenen des Horrors. Zwei Touristen in Badehose liegen neben ihren Sonnenschirmen erschossen im Sand, einer in einer Blutlache, der andere unter einem Badehandtuch. Im Hintergrund sind umgestürzte Liegen zu sehen, als andere Badegäste der beiden Strandhotels „Imperial Marhaba“ und „El Mouradi Palm Marina“ sich offenbar in Panik vor den heranstürmenden Attentätern in Sicherheit zu bringen versuchten. Nach Berichten von Augenzeugen beschwor das Hotelpersonal die Urlauber, sich in ihren Zimmern zu verbarrikadieren. Einige Touristen rannten zurück an den Strand, um ihre Schlüssel zu holen, was sie das Leben kostete.
Drei Monate nach dem verheerenden Anschlag im Bardo-Museum in der Hauptstadt Tunis, bei dem 21 Touristen starben, wird Tunesien erneut von einem schweren Anschlag erschüttert. Nach ersten Angaben des Innenministeriums starben bei dem Terroranschlag in der Nähe der Hafenstadt Sousse mindestens 37 Menschen. Unter den Opfern sind nach Angaben der tunesischen Regierung auch deutsche Urlauber. Vom Auswärtigen Amt gab es keine Bestätigung. Den tunesischen Angaben zufolge stammen die Todesopfer aus Deutschland, Großbritannien, Belgien und Tunesien.
Bis in den Nachmittag hinein lieferten sich die Terroristen am Strand und auf dem Hotelgelände Gefechte mit der Polizei. Den Sicherheitskräften gelang es dabei, einen der Täter zu erschießen. Ein Foto zeigt, wie der junge Mann in schwarzer Kleidung außerhalb der Hotelanlage tot auf dem Asphalt liegt.
Nach Angaben eines Augenzeugen versteckten die Attentäter ihre Waffen in den Hüllen von Sonnenschirmen. Unklar war bis zum Abend, wie die Attentäter auf das Gelände gelangen konnten. Einige der Urlauber gaben an, die Terroristen seien mit dem Boot von See gekommen. Andere berichteten, es habe zunächst eine Explosion gegeben, auf die dann das automatische Gewehrfeuer folgte.
Bisher bekannte sich niemand zu dem Attentat in Sousse. Tunesien jedoch ist in der arabischen Welt das Land mit dem größten Dschihadisten-Kontingent beim „Islamischen Staat“, gefolgt von Saudi-Arabien und Marokko. Mindestens 3000 junge Tunesier kämpfen nach offiziellen Angaben in Syrien und Irak, Hunderte im benachbarten Libyen. Weitere 9000 haben die Sicherheitsbehörden in den letzten Monaten an der Ausreise in die Kampfgebiete gehindert, alles Angaben, die wegen der porösen Grenze zum Bürgerkriegsnachbarn Libyen eine sehr hohe Dunkelziffer haben dürften.
Auch im Grenzgebiet zwischen Tunesien und Algerien operiert mit „Okba Ibn Nafaa“ eine extrem gewalttätige Terrorgruppe, die zu 70 Prozent aus Algeriern und zu 30 Prozent aus Tunesiern besteht. Sie zählt sich zu El Kaida, ist sehr gut organisiert und hat sich in den Chaambi-Bergen verschanzt. Ihre Kämpfer sind nach Ansicht der tunesischen Staatssicherheit verantwortlich für den Terrorüberfall auf das Bardo-Museum sowie für das Massaker an tunesischen Soldaten im Juli 2014 während des Ramadans, als 15 Wehrpflichtige erschossen und 20 verletzt wurden. Umgekehrt wachsen angesichts der Attentate die Zweifel in der tunesischen Bevölkerung an der Kompetenz und dem Einsatzwillen ihrer Polizei. Schon bei dem Bardo-Attentat im März waren eklatante Sicherheitsmängel offenkundig geworden. So musste der Vizepräsident des Parlaments, dessen Plenarsaal direkt an das Museum angrenzt, kleinlaut einräumen, von den vier Museumswachen am Haupttor hätten zum Zeitpunkt des Anschlags zwei im Café gesessen, einer war am Kiosk gegenüber einkaufen und der vierte nicht zum Dienst erschienen. „Als die Terroristen die ausländischen Touristen niedermähten, war kein Beamter in der Nähe – ein absolutes Versagen“, empörte sich damals der Politiker.
Die neue Gewaltwelle im Nahen und Mittleren Osten könnte ausgelöst worden sein durch den Aufruf von IS-Sprecher Abu Mohammed al-Adnani. Er hatte zu Beginn des islamischen Fastenmonats Ramadan alle Muslime aufgefordert, sich dem Dschihad anzuschließen und ihr Leben als Märtyrer zu opfern.
In Kuwait sprengte sich ein Attentäter während des Freitagsgebets in einer schiitischen Moschee in die Luft, riss mindestens 25 Menschen mit in den Tod und verwundete 25. Zwei Stunden später bekannte sich die IS-Terrormiliz zu diesem Blutbad.